Bewertung und Kritik zu
SCHIFFBRUCH MIT ZUSCHAUENDEN (FÜNF ETÜDEN)
von Sebastian Blasius
Premiere: 24. November 2022
Ballhaus Ost, Berlin
Zum Inhalt: Ist das westliche Theater noch zeitgemäß? Seine Bestandteile sind von Grund auf in Macht und Souveränität involviert: sei es die Heldenfigur, die als handlungsmächtiges Individuum den Gang der Dinge entscheiden muss; oder wie linear Zeitlichkeit auf der Bühne verhandelt wird und wie damit Prinzipien fortgeschrieben werden, die von Prozessen der Ökonomisierung und Kolonialisierung nicht zu trennen sind. Diese ‚Souveränitätseffekte‘ des Theaters werden gerade im Zuge der Klima- und Coronakrise sichtbar, die uns unsere Fragilität vor Augen führt. Wie lässt sich ein alternativer Umgang mit den Praktiken des Theatermachens finden – was wären stattdessen die Potenziale eines ‚Theaters des Unsouveränen‘?
Sebastian Blasius nähert sich mit seinem Team experimentell der Konfiguration eines solch alternativen Theatermodells. Den Erprobungen auf der Bühne stellen Texte des Autors Björn SC Deigner sehr konkrete Themen wie Ukraine, Europa und Flucht gegenüber. Die fünf Etüden bleiben mit politischem Anspruch dennoch fragil; sie verunsichern den Blick, um im Sehen eine Gemeinschaft der Verletzlichen zu suchen. Eine ‚Operation am offenen Herzen‘ des Theaters.