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Zum Inhalt: Nora hat es geschafft. Nur noch die letzte Rate des Darlehens, das sie unter einem Vorwand ohne Wissen ihres Mannes Torvald aufgenommen hatte, um diesem eine lebenswichtige Auszeit zu finanzieren, muss sie bezahlen. Kurz vor dem Ziel, 72 Stunden vor Weihnachten, gerät Nora in Bedrängnis, und alle Annahmen über ihre Beziehung kommen auf den Prüfstand. Bald steht sie vor einschneidenden Lebensentscheidungen. Ibsens Theaterthriller regte immer wieder große Künstler*innen wie Elfriede Jelinek oder Rainer Werner Fassbinder zu einer Auseinandersetzung an. Mit Sivan Ben Yishai, Gerhild Steinbuch und Ivna Žic intervenieren nun drei wichtige Dramatikerinnen der Gegenwart in das Stück und befragen die Ikone Nora für unsere Zeit neu.
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Zum Inhalt: Wir befinden uns in der Dämmerung des „Age of Aquarius“, einer Zeit, in der sich ein Shift von technologischen Innovationen hin zu humanitären Anliegen und kollektiver Verantwortung vollzieht. Die Bühne ist nasses Terrain: In Schwimmbad, Sumpf und Morast bereiten sich die Erbinnen Ophelias auf Unvermeidliches vor.
Nymphen, Nereiden, Sirenen und Melusinen lieben die Musik, sind exzellente Tänzerinnen und blicken in eine Zukunft, die fragil und ungewiss ist. Sie locken Menschen ins Wasser, zwingen sie in die Tiefe – und in den Spiegel der Venus zu blicken.
Der wahre Ort ihrer Bedeutung liegt also im Dunkeln, ist untergegangen und auf den Grund gesunken. Nur der Fäulnisprozess bringt ihre Körper an die Oberfläche, und dort treiben sie, bis man sie findet, oder sie zerfallen, um Eins zu werden mit der Natur.
In dieser ozeanischen Landschaft voll kulturgeschichtlicher Referenzen zu Wasserwesen und ertrunkenen Unbekannten geht es nicht nur darum, wie man prekäre Umstände durch Training überleben kann, sondern um die Möglichkeit, auf eine neue Lebensform zu spekulieren.
Fluktuation, Reflexion, Reproduktion, Heilung und Gewalt: In Florentina Holzingers neuer Arbeit an der Volksbühne vollzieht das multidisziplinäre Ensemble aus mehreren Generationen eine physische Studie zur Psychologie des Wassers im 21. Jahrhundert.
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Zum Inhalt: Er nimmt Thesen Nietzsches vorweg, zieht Hunderte polemischer Marx/Engels-Seiten auf sich und bringt Camus dazu, ihn als "nihilistischen Rebellen" zu bezeichnen. Und in der Tat ist es rebellisch, was Max Stirner 1844 in seinem Hauptwerk Der Einzige und sein Eigentum formuliert: eine Absage an jede Indienstnahme des Ich durch übergeordnete Instanzen, eine Attacke auf alle Moral jenseits des Eigennutzes, ein Plädoyer für einen radikalen Egoismus und dafür, dass allein der Einzelne Verantwortung für sein Handeln übernehmen könne. "Jedes höhere Wesen über Mir, sei es Gott, sei es der Mensch, schwächt das Gefühl meiner Einzigkeit und erbleicht erst vor der Sonne dieses Bewusstseins." So scharf und provozierend wie kaum jemand sonst vermisst dieser randständige, aber höchst einflussreiche philosophische Solitär auf neue Weise das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft. Zusammen mit dem Komponisten und Musiker PC Nackt und seinem Ensemble möchte Regisseur Sebastian Hartmann das Publikum einladen zu einer lustvollen Begegnung mit den Zumutungen und Widersprüchen, die Stirners Denken bis heute bedeutet.
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Zum Inhalt: Es ist was faul im Staat Dänemark – und es blüht das Gerücht. Hamlet glaubt, dass sein Vater ermordet worden ist. Als Täter hat er den neuen König und Stiefvater Claudius ausgemacht. Doch wer sind seine Mitverschwörer? Hamlet ermittelt und grübelt, zaudert und provoziert. Zunehmend gefällt er sich in der Rolle des großen Zweiflers – und geht schließlich in seinem Drang, die Verhältnisse zu ändern, buchstäblich über Leichen. Zu seinen ersten Opfern gehört seine Freundin Ophelia. Und bald schon ist niemand mehr vor seinen Nachstellungen sicher. Zum Showdown kommt es, als Hamlet ausgerechnet eine fahrende Theatertruppe für seine Pläne instrumentalisiert: Mit den Mitteln der Bühne will der selbsternannte Regisseur die Wahrheit ans Licht bringen. Oder ist die ganze große Verschwörung nur ein Ausbund von Hamlets grenzenloser Phantasie?
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Zum Inhalt: New York City in den letzten Monaten der Präsidentschaft Barack Obamas. Während der Autor Toby Darling der Premiere seines Theaterstücks entgegenfiebert, verbringt sein Partner Eric Glass Zeit mit seinem Bekannten Walter. Die Gespräche mit dem 55-jährigen führen Eric in eine Vergangenheit, die er als schwuler Mann Anfang dreißig nur vom Hörensagen kennt: die verheerende Aidsepidemie, welche die LGBTQ-Community von Beginn der 1980er-Jahre an erschütterte. Dabei ist in Walters Erzählungen immer wieder von einem alten malerischen Landhaus die Rede. Welche Rolle dieser Ort für Walter und seinen Partner Henry Wilcox gespielt hat, kann Eric nicht ahnen. Im Herbst 2016 verfolgt Erics Freundeskreis fassungslos die Wahlniederlage Hillary Clintons gegen den Republikaner Donald Trump. Amerika wandelt sich. Plötzlich scheinen Freiheiten, für welche die vorangegangene Generation von Aktivist*innen gekämpft hat, nicht mehr selbstverständlich. Eric muss sich fragen, wer er ist und sein will.
Mit seinem mehrfach ausgezeichneten Theaterstück «Das Vermächtnis» gelingt dem international gefeierten amerikanischen Dramatiker Matthew Lopez ein Meisterwerk des Storytelling: ein Bühnenepos in zwei Teilen, Beziehungs- und Gesellschaftsdrama, überreich an Figuren, ein Sittenbild, so komisch wie tragisch. Er übernimmt darin Motive aus E. M. Forsters 1910 erschienenem Roman «Howards End», transferiert diese ins New York der 2010er-Jahre und erzählt temporeich die berührende Geschichte einer Wahlfamilie und schwulen Community, die vor der Frage steht, ob sie bereit ist, das Vermächtnis der jüngeren Geschichte anzunehmen. Lopez' Stück verneigt sich vor den Schicksalen der Vergangenheit und entwirft ein utopisches Bild gemeinsamer Verantwortung und gegenseitigen Respekts. Dabei steht es in der Tradition von Tony Kushners «Engel in Amerika», das in dieser Spielzeit ebenfalls am Residenztheater zu sehen sein wird.
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