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Schaubühne am Lehniner Platz
www.schaubuehne.de
Kurfürstendamm 153 - 10709 Berlin
Telefon: 030 890023
SPIELPLAN & KARTEN

The Silence

Bewertung und Kritik zu

THE SILENCE 
von Falk Richter
Premiere: 19. November 2023 
Schaubühne am Lehniner Platz, Berlin 

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Eingeladen zum 61. Berliner Theatertreffen (2024) 

Zum Inhalt: Für sein autofiktionales Stück »The Silence« geht der Autor und Theaterregisseur Falk Richter zurück in die eigene Familiengeschichte. Sein Vater verstarb, ohne dass eine versöhnliche Aussprache mit dem Sohn stattfinden konnte. Im Dialog mit seiner Mutter nimmt er jahrzehntelang nicht ausgesprochene Wahrheiten, verdrängte Geheimnisse und unaufgearbeitete Traumata in den Blick, die ihn bis zum gegenwärtigen Tag nicht in Ruhe lassen. Wie haben sich die Gräuel, die sein Vater im Krieg erlebte in die Familiengeschichte und in die Ehe seiner Eltern eingeschrieben, wie das Trauma der Vertreibung und Flucht der Mutter aus Westpreußen? Was wurde in der Familie jahrelang verschwiegen? Wie wuchsen der Autor und seine Schwester in der westdeutschen Provinz der Nachkriegszeit auf, wie konstruierte sich die Familie? Wie wurde die schon im Teenager­alter sich abzeichnende schwule Identität des Autors von den Eltern unterdrückt und bekämpft? Wie wurde auf homophobe Anfeindungen reagiert, die er erlebte? Wie setzen sich Traumata, Schweigen und gewaltsame Unterdrückung in den eigenen Beziehungen des Autors fort? Die Auseinandersetzung von Mutter und Sohn wird zu einer Reise in die Abgründe der westdeutschen bürgerlichen Gesellschaft von der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart. Wie verlässlich aber ist die eigene Erinnerung, wie glaubhaft die Lebenserzählung der Mutter? Und hätte alles nicht auch ganz anders sein können? Schon bald vermischt sich Autobiografisches mit Fiktivem, widersprechen Erinnerungen einander und tun sich Möglichkeiten anderer Realitäten auf. Im Spiel mit Autobiografie und Fiktion, in den Widersprüchlichkeiten der eigenen Geschichte keimt aber auch Hoffnung: Welche anderen Modelle von Männlichkeit, und damit andere Arten von Vater - und Elternschaft, sind möglich? Welche Formen von Beziehungen gibt es jenseits von patriarchaler Unterdrückung und Gewalt? Wie könnte ein ganz anderes Leben aussehen?

MIT: Dimitrij Schaad

BÜHNE UND KOSTÜME: Katrin Hoffmann
MUSIK: Daniel Freitag
VIDEO: Lion Bischof
DRAMATURGIE: Nils Haarmann / Jens Hillje
LICHT: Erich Schneider

4.5 von 5 Sterne
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Schweigen und verdrängen
1 Jahr her.
Kritik

''Selbst als Flüchtlingskind aus Westpreußen gekommen, vermag sie auch jetzt kaum die Nöte und Ängste ihres Sohnes als immer wieder zum Schweigen gebrachtes Kind, das auch mal zur Strafe in den Schrank gesperrt wurde, zu verstehen. Hinzu kommt die Ablehnung und Psychopathologisierung seiner Homosexualität. Eine tiefe Verletzung, die auch einen handfesten Hintergrund hat. Richter wird zum Außenseiter in der eigenen Familie und in der heteronormativen Gesellschaft. Niemand hilft ihm, als er Opfer eines homophoben Übergriffs wird. In der Familie sehen alle zu, wie ihn der Vater schlägt. Verständnis oder Trost - Fehlanzeige. Ein gesellschaftliches Problem, das wütend macht.

Eine Wut, die sich im Text einmal entlädt in dem Wunsch nach Selbstbewaffnung, der gleich wieder verworfen wird. Dimitrij Schaad spielt diese Reflexionen über das Erlebte des Autors überzeugend. Auch einem sehr erlösenden Dialog mit einem ehemaligen Jugendfreund und kurzzeitigem Geliebten am Telefon, während der gerade verstorbene Vater noch im Haus liegt. Und dennoch sind die Videoeinspielungen des stockenden Mutter-Sohn-Dialogs das klarere, da direktere Moment. Für diese Offenheit kann man Falk Richter nur danken, auch wenn er am Ende Dimitrij Schaad am Telefon mit einer Psychotherapeutin sprechen lässt, die Erklärungen für die Verdrängungsmechanismen der Mutter liefert. Ein wichtiger Theaterabend, der gleichermaßen erhellend und befreiend ist.'' schreibt p. k. am 21. November 2023 auf KULTURA-EXTRA

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Bohren in den Wunden der Nachkriegsgesellschaft
1 Jahr her.
Kritik

Dass die recht simple Konstruktion des Abends wirkt, ist vor allem drei Faktoren zu verdanken: Erstens der Energieleistung von Dimitrij Schaad, der sich durch den Monolog-Text tankt und vor allem in den wütend-emotionalen Momenten zu großer Form aufläuft, z.B. wenn er sich in Rage über homofeindliche Gewalt redet und die bewaffnete Gegenwehr fordert. Zweitens der rückhaltlosen Offenheit, mit der Richter die Verletzungen seiner Generation und die von den Eltern weitergegebenen Traumata ausbreitet. Natürlich ist vieles, vor allem in der zweiten Hälfte, wenn er sein Alter ego über Beziehungsmodelle jenseits der Heteronormativität nachdenken lässt, autofiktional überformt. Aber der Kern des Abends, die Gespräche mit der Mutter, die bis heute abblockt, verdrängt und ausweicht, ist erschreckend real.

Kurz vor Schluss schlüpft Schaad in die Rolle der Therapeutin des Regisseurs und nimmt die ältere Dame in Schutz: diese Textpassage macht deutlich, dass Frau Richter die Mauer des Schweigens als Abwehrmechanismus aufbaute, um weiterleben zu können. Drittens überzeugt „The Silence“, weil Richter hier nicht irgendein Einzel-Schicksal eines Jugendlichen aus der bundesrepublikanischen Provinz zwischen den 1960ern und 1980ern erzählt, sondern exemplarisch die Wunden und Verdrängungsmechanismen aufzeigt, die sich in jenen Jahrzehnten in unsere Gesellschaft eingeschrieben haben.

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