Bewertung und Kritik zu
ELEKTRA
von Richard Strauss
Regie: Krzysztof Warlikowski
Premiere: 1. August 2020
Salzburger Festspiele
Zum Inhalt: Dies erwidert Elektra auf die Nachricht, die ihr von ihrer Schwester Chrysothemis überbracht wird: Ihr lang erwarteter und unverhofft erschienener Bruder Orest wird bejubelt, weil er zunächst ihre Mutter Klytämnestra und danach deren Liebhaber Aegisth, den neuen Herrscher über die Stadt, ermordet hat. Bald darauf spricht Elektra ihre letzten Worte, bevor sie tot zusammenbricht: „Ich trage die Last des Glückes, und ich tanze vor euch her. Wer glücklich ist wie wir, dem ziemt nur eins: schweigen und tanzen.“ Der Tod ihres Vaters Agamemnon ist endlich gerächt, der Kreislauf der Gewalttaten schließt sich, und der Kreislauf des Lebens könnte endlich neu beginnen. Der einsame Wahn Elektras, der außer dem Schatten ihres Vaters nichts gelten ließ, war diesem ein lebendiges Grabmal geworden. Sie stirbt einige Minuten nach ihrer Mutter, die zwar ihre Feindin gewesen war, ohne die Elektras Leben aber keinen Sinn mehr hat: Die Welt von einst, ob nun geliebt oder verhasst, war Elektras einzige Daseinsberechtigung gewesen, und nun gibt es sie nicht mehr. Nur Orest und Chrysothemis versuchen, auf diesem Trümmerfeld dem Leben Raum zu geben. Mit der Opferung ihrer Schwester Iphigenie, die dem griechischen Heer etwa 20 Jahre zuvor die Einnahme Trojas ermöglichen sollte, war die Katastrophe losgetreten worden — den Mord an ihrem Kind hatte Klytämnestra Agamemnon nie verziehen. Diese Katastrophe scheint nun ihr Ende zu finden. Zumindest vorerst. Denn von nun an wird Orest mit der Erinnerung an den unsühnbaren Muttermord leben müssen. Hier, im Dunkel der Nacht Mykenes, stirbt Elektra in dem Augenblick, als ihr einziger, zwanghaft ersehnter Wunsch Wirklichkeit wird, in einem Zustand geistiger und körperlicher Erschöpfung — im wilden Tanz um das Beil, das einst ihren Vater getötet hatte.