Kritik
Manchen gilt Mozarts "Cosi fan tutte", 1790 in Wien uraufgeführt, als musikalisch besonders gelungenes Glanzstück mit dem Libretto von Lorenzo Da Ponte. Die Salzburger Neuinszenierung von 2020 stammt von Christof Loy und hat die Handlung kaum merklich gestrafft, dabei aber die musikalischen Höhepunkte feinsinnig bewahrt.
Die Story ist vergleichsweise simpel. Guglielmo (Andrè Schuen) und Ferrando (Bogdan Volkov) schwören auf die Treue ihrer Verlobten, der Schwestern Fiordiligi (Elsa Dreisig) und Dorabella (Marianne Crebassa). Don Alfonso (Johannes Martin Kränzle), ein lebenserfahrener Skeptiker, macht sich den Spass, mit den beiden männlichen Akteuren zu wetten, dass es gelingen werde, die Treue der beiden Mädchen im Handumdrehen ins Wanken zu bringen. Komplizin bei der Testreihe ist die Dienerin Despina (Lea Desandre), deren Neigung zur Mitwirkung schon mal durch einen Geldschein beflügelt wird.
Nun entfaltet sich ein komödiantisches Kammerspiel vor einer weissen Wand (Bühnenbild Johannes Leiacker) mit zwei klassizistischen Türen, deren Flügel sich öffnen und schliessen lassen. Auf diesem Hintergrund wirken die schwarzen oder pointiert farbigen Kostüme der Akteure (Kostüme Barbara Drosihn) ungemein plastisch und einprägsam.
Jetzt folgt, in der Regie des Don Alfonso, die Probe aufs Exempel. Guglielmo und Ferrando, eben unter Seufzern ihrer Geliebten vermeintlich zu Schiff in den Krieg gezogen, kehren in abenteuerlich bunter Verkleidung als fremdländische Adlige zurück und machen nun über Kreuz der jeweils anderen Dame den Hof. Als sie wider Erwarten zunächst abgewiesen werden, täuschen beide einen Selbstmord durch Gift vor und werden dann von Despina mit Hilfe eines gewichtigen Magnetsteins ins Leben zurückgerufen. Im weiteren Verlauf gibts einen Ehevertrag von Fiordiligi und Ferrando sowie Dorabella und Guglielmo, jeweils quasi über Kreuz. Dann kehren die beiden in den Krieg Gezogenen unter ihren echten Namen zurück und schließen ihre beiden Frauen in die Arme, Ferrando seine Dorabella und Guglielmo Fiordiligi. Bleibt nur der unterzeichnete Ehevertrag mit der jeweils anderen, von Don Alfonso listig ins Spiel gebracht. Eifersuchtsszene, allgemeine Zerknirschung, dann das mozart-typische versöhnliche Finale: Glücklich sei der Mensch, der alles nur von der besten Seite nimmt, über die Wechselfälle des Lebens lacht und die Ruhe bewahrt.
Musikalisch wie stimmlich ist die Aufführung ein einziger Hochgenuß. Das gilt sowohl für die Harmonie der beiden Frauenstimmen von Fiordiligi und Dorabella wie für den klangschönen Tenor von Bogdan Volkov und den kraftvollen Bariton von Andrè Schuen. Ein Sonderlob verdient die agile, stimmlich wunderbar präsente Despina von Lea Desandre. Dirigentin Joana Mallwitz entlockt den Wiener Philharmonikern mit geschmeidiger Zeichengebung einen warmgetönten Mozart-Sound vom Feinsten. Insgesamt ein weiterer Pluspunkt zum 100jährigen Bestehen der Salzburger Festspiele, bis 31.10.2020 abrufbar in der Mediathek von Arte concert.
Horst Rödiger
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