»Mir wurde klar, dass ich das Gleichgewicht des Tages zerstört hatte, die außergewöhnliche Stille eines Strandes, an dem ich glücklich gewesen war. Da habe ich noch viermal auf einen leblosen Körper geschossen, in den die Kugeln eindrangen, ohne dass man es ihm ansah. Und es war wie vier kurze Schläge, mit denen ich an das Tor des Unglücks hämmerte.« In Albert Camus’ 1942 erschienenem Roman »Der Fremde« wird der Franzose Meursault zum Mörder. Am Strand von Algier tötet er einen Araber. Im anschließenden Gerichtsprozess verteidigt er sich nicht, obwohl am Ende sein Todesurteil steht. Er, der passive Zuschauer seines Lebens, verfolgt was ihm passiert so leidenschaftslos, als ginge es um einen Anderen. Und es scheint, das Todesurteil würde weniger mit dem Mord an dem namenlos bleibenden Araber begründet als mit eben jener Gleichgültigkeit Meursaults, die dieser als der Welt inhärent begreift.
Mit: Bernardo Arias Porras, Iris Becher, Felix Römer
Regie: Philipp Preuss Bühne und Kostüme: Ramallah Aubrecht Dramaturgie: Bettina Ehrlich
[justify] In Philipp Preuss Inszenierung „Der Fremde“ von Albert Camus treffen wir auf einen dreigestaltigen Meursault, der sich wie Sisyphos zufrieden gibt. [/justify]
[justify] Zwei Männer und eine Frau befinden sich in einem Gefängnis aus Licht und erzählen ohne jegliche Anteilnahme von dem Tod ihrer Mutter. Sie schildern dem Zuschauer die bedeutungslose Affäre mit der Stenographin Marie und wie sie an einem sonnigen Tag am Strand in Algerien einen Araber erschossen haben. Erst ein Schuss. Tod. Und ohne Grund vier weitere Schüsse. Meursault, der in Preuss Inszenierung in drei Gestalten auftritt, findet sich nach den Schüssen in einem Mordprozess wieder. Gefangen im Loop des Lebens, spiegeln die drei Schauspieler die Monotonie des Daseins und das Absurde wider, in dem sie den Tag des Geschehens drei Mal Revue passieren lassen. ... Weiterlesen [/justify]
''Wiederholungen von Satzfragmenten entbehren jeder Sinnstiftung. Auch kleine und sinnentleerte Gesten reüssieren in zärtlicher Zwanghaftigkeit. Manchmal fällt es schwer, die Darsteller akustisch zu verstehen. Vielleicht ist es aber auch gar nicht so wichtig, was sie sagen, sondern wie sie es sagen. (...)
Meursault erschießt in Camus [i]Der Fremde[/i] ohne triftigen Grund einen Araber und wird daraufhin selbst zum Tode verurteilt. Allen Fragen, die sein Tun auslöst, bleibt er eine Antwort schuldig. Dadurch schafft er eine bedeutungs- und unheilvolle Leerstelle. Regisseur Philipp Preuss hält in seiner Romanadaptation bis zum Schluss die Spannung. Das dichte, temporeiche Zusammenspiel wirkt in seiner Absurdität in sich stimmig .'' schreibt Ansgar Skoda am 9. März 2017 auf KULTURA-EXTRA
Der Abend verzichtet beinahe vollständig auf Requisiten: Die Spielfläche wird durch eine Batterie von Neonröhren eingerahmt, so dass die drei Akteure wie in einem Käfig wirken. (...) Kleinere Mätzchen wie bewusst falsche Betonungen in einer längeren Szene wirken sehr aufgesetzt und können den Eindruck nicht überdecken, dass der Regisseur ziemlich ratlos war, wie er diesen Text über eine antriebslose und gleichgültige Figur auf die Bühne bringen soll. Obwohl der Abend recht kurz ist, wirkt er zäh und ermüdend. Weiterlesen
''Das eigentliche Manko dieser Inszenierung ist weniger, dass sie das existentialistische Grundgefühl der Erzählung, die Vergeblichkeit und Zufälligkeit der menschlichen Existenz, außer Acht lässt, als die Tatsache, dass sie dafür keinerlei Alternative zeigt.'' schreibt Peter Hans Göpfert auf kulturradio.de