Zum Inhalt: Nach den legendären Erfolgen von „The Black Rider“, „Alice“ und „Time Rocker“ in den 1990ern bringt „Mary Said What She Said“ Theatervisionär Robert Wilson endlich zurück ans Thalia Theater, mit der Oscar-nominierten Starschauspielerin Isabelle Huppert in einer eindrücklichen Soloperformance.
Aus der Feder des langjährigen Wilson-Autors Darryl Pinckney, der schon den Monolog „Orlando“ aus dem Jahr 1993 für das Dreamteam Wilson/Huppert geschrieben hat, stammt die neue Bearbeitung des bekannten historischen Stoffes über Mary Stuart, Königin von Frankreich und Schottland. Eine Geschichte über Liebe, Macht, Verrat – und über unbändigen Freiheitsdrang, gespielt von einer der charismatischsten Schauspielerinnen unserer Zeit. Es ist das fesselnde Porträt einer starken, außergewöhnlichen Persönlichkeit, einer Frau, die auch kurz vor ihrer Hinrichtung noch leidenschaftlich um ihre Version der Geschichte kämpft.
Produktion Théâtre de la Ville-Paris, In Zusammenarbeit mit EdM Productions, Koproduktion Wiener Festwochen, Teatro della Toscana, Florenz, Internationaal Theater Amsterdam, Thalia Theater, Hamburg
Filmstar mit minimalistischen Bewegungen in ausgetüfteltem Lichtdesign
5 Jahre her.
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Kritik
In Trippelschritten arbeitet sich Isabelle Huppert nach vorne an die Rampe. Das ist symptomatisch für den kurzen Abend: Sehr statisch ist „Mary said what she said“ angelegt, mehr Installation als Theater. Im Mittelpunkt stehen die Lichtregie und der lange, assoziativ mäandernde Gedankenstrom, den Darryl Pinckney der historischen Figur Maria Stuart, Königin von Schottland, in den Mund legt.
Untermalt von Ludovico Einaudis Musik arbeitet sich Isabelle Huppert durch einen sprunghaften Text. Mantraartig beschwört sie immer wieder ihre vier Kammerzofen, die ebenfalls alle Mary heißen. Sprunghaft wechseln die Themen, Privates steht neben Politischem. Mal rappt Madame Huppert fast so wie die Jungs aus der Banlieue, mal bricht sie in hysterisch-gekünsteltes Lachen aus. Ihre Bewegungen sind stehts minimalistisch, fast wie bei einer Marionette, ganz so wie man es in Robert Wilsons Regie-Arbeiten schon sehr, sehr oft in seinen Spätwerk-Inszenierungen an Claus Peymanns Berliner Ensemble gesehen hat.
Nach einem kurzen, sehr kitschigen Intermezzo mit Nebelwallen und Kinderstimme vom Band kehrt Isabelle Huppert für ein kurzes Finale zurück auf die Bühne. Sie tigert nun wie ein Raubtier im Zoo hinter seinen Gitterstäben quer über die Bühne: Zigfach legt sie dieselbe Strecke zurück. Streng hält sich Huppert an die minimalistische Bewegungschoreographie von Wilson, bevor die letzten Worte verhallen und der Star mit viel Beifall und mit gezückten Handys gefeiert wird.
Inhaltlich und szenisch hat der Abend, der im Mai im Pariser Odeon Premiere hatte, wenig zu bieten. Altmeisterlich spult Robert Wilson bewährte Regie-Konzepte ab, die vor Jahrzehnten avantgardistisch und aufregend waren, und hat dafür eine zugkräftige Star-Schauspielerin an seiner Seite, mit der er schon 1993 in „Orlando“ zusammenarbeitete. Sie einmal live auf der Bühne zu erleben, ist der Mehrwert und Glamourfaktor dieses Abends, der schon bei den Wiener Festwochen ein Publikumsmagnet war und auch am koproduzierenden Thalia Theater drei Mal für ein volles Haus sorgte.
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''Mary steht im Grunde für die Urform der heiligen Jungfrau, ihr Karma scheint besiegelt bis zum heutigen Tage: das Drama der Frau, ohne sie läuft nichts, aber mit ihr auch nicht. Es ist Seelenarbeit, vom Schatten zum Licht. Nach ihrem Tod, durch drei erschreckend laute Schläge symbolisiert, findet man sie im Himmel wieder, auf Wolken stehend, verbunden mit dem Gott des Wissens durch einen weißen Strahl. Es wird heller, ihre Stimme schneller, schreit sie es heraus, gegen den gnadenlosen Druck der Katholischen Kirche, die Marys sind noch unter uns, stark und schwach zugleich.
Vergessen wir Vergangenheit und Zukunft. Doch wie soll das gehen? Jede Pore unseres Lebens ist getränkt von all diesen Grausamkeiten und Ungerechtigkeiten gegen Frauen seit Jahrhunderten! Es heißt, die gepuderte Jungfrau, die Männer durch die Hintertür hineinließ. Das gab viel Stoff für all die Intrigen und Boshaftigkeit, für Feinde und Dummheit. Das ist heute nicht anders und wird meist im Internet ausgetragen.
Isabelle Huppert: „Ich bin ein leerer Schatten.“ Im Publikum beginnt der Hustenreiz. Immer mehr erhebt Mary ihre Hände, ergibt sich ihrem Schicksal, stolz und ohne Demut. Das einzig Tröstende ist die Musik von Ludovico Einaudi.'' schreibt Liane Kampeter am 30. September 2019 auf KULTURA-EXTRA