Kritik
kleiner schreck: 3 stunden mit pause sind angesetzt. eine pause gibt es in der schaubühne so gut wie nie. sie kann aber auch eine erlösung darstellen. nach der sehnte ich mich bereits nach zehn minuten "borgen". statisten-kabarett droht. an einem tisch aufgereiht steigt das ensemble sofort mit lässigem krawall in die tv-serie aus dänemark ein, die fernsehbildschirme zeigen die blassen portraits der originalbesetzung. hier will man nacherzählen. nicolas stemann, der regisseur von borgen, der sich mal eben von uns die zeit ausborgt an einem sonntag abend, hatte mich schon aus "rein gold" an der staatsoper vertrieben mit endlosen monologen und eigentlich grandiosen opernsängern, die als statisten verendeten. aber zurück zum ensemble. stephanie eidt, die schon in "bella figura" als feminine brünette mit tiefsinnlicher stimme in erinnerung blieb, ist hier die hauptfigur, birgitte (nicht brigitte) nyborg, die unverhofft einen wahlsieg einkassiert und sich in der welt der politik etablieren will und soll, aber ihre familie (mann, sohn, tochter) vermisst. stephanie eidt ist auf den ladyliken punkt besetzt, der smarte tilman strauß stärkt mal wieder einnehmend der story den rücken und kann sogar den text. alle anderen lesen von telepromptern ab, was aber vom regisseur so gewollt ist, um die strukturen der medienwelt zu symbolisieren. somit richten sich die blicke der crew aber stets auf bildschirme, selten zu uns. kontakt aus.
stakkato-artig werden die folgen der ersten staffel und nach der pause die der zweiten abgerissen (auf die dritte staffel wurde verzichtet). die raserei durch die geschichte flackert nur, der humor ist eher slapstick, besonders regine zimmermann steigert sich hinein, die szenen wechseln hektisch, wenn es in die tiefe gehen soll, bleibt es hohl. die tiefschürfend angelegten strukturen vom elend und wahnsinn der politik fächern sich nicht auf. es bleiben stichwörter zu demokratie, macht, zerrütteten biografien. und immer wieder fragt man sich, warum das hier, warum ein performance-theaterstück, warum nicht die ambitionierte serie einfach in den player legen und wenn sie auch 30 stunden dauert, eintauchen auf wunsch. die regie will anspruchsvoll sein und zersetzen, fängt uns aber nicht ein, und so setzt bald die schläfrigkeit ein, die theater-gänger-seele dämmert der künstlichen aufgeregtheit auf der bühne entgegen. und die engagierte crew strampelt sich durch die regieanweisungen, der beruf des schauspielers hat eben auch phasen, in denen man das publikum nicht einfangen wird, das betrübt frollainwunder.
die pause wird von tilman nach 75 minuten angekündigt, erleichterung macht sich durchaus breit, auch bei uns. zuhause gibt es die stop-taste, hier die pause.