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Der Zauberberg

Bewertung und Kritik zu

DER ZAUBERBERG 
von Thomas Mann
Regie: Bastian Kraft 
Premiere 28. Januar 2023 
Burgtheater Wien 

Zum Inhalt: Nur auf drei Wochen ist der Besuch Hans Castorps bei seinem lungenkranken Vetter in einem Davoser Sanatorium zunächst veranschlagt. Sehr bald jedoch lernt er die Enthobenheit und die eigentümliche Zeitlosigkeit in der dünnen Luft zu schätzen: „Die Zeitformen verschwimmen, rinnen ineinander, und was sich als wahre Form des Seins enthüllt, ist eine ausdehnungslose Gegenwart, in der man dir ewig die Suppe bringt.“
Sieben Jahre später reißt ihn der Donnerschlag des Ersten Weltkriegs aus der „Verzauberung“ dieses luxuriösen Refugiums für ein unzeitgemäß gewordenes europäisches Bürgertum und seiner Suche nach Lebenssteigerung in einer „Atmosphäre von Tod und Amüsement“. Eben hatte er noch mit zwei Armeniern, zwei Finnen, einem usbekischen Juden und einem Kurden am „schlechten Russentisch“ gespeist, schon taumelt er in die Schützengräben Europas. Das Buch dieser sieben Vorkriegsjahre, das sich wie sein Protagonist von den Zeitläuften im „Flachland“ scheinbar weit entfernt hält, ist nicht zuletzt die Beschreibung der „großen Gereiztheit“, die diesem europäischen und globalen Flächenbrand vorangeht.

Mit: Tilman Tuppy, Dagna Litzenberger, Markus Meyer und Sylvie Rohrer

Regie: Bastian Kraft
Bühne: Peter Baur
Kostüme: Jelena Miletic
Musik: Björn SC Deigner
Video: Sophie Lux
Licht: Michael Hofer
Maske Video: Lena Damm
Dramaturgie: Sebastian Huber

4.0 von 5 Sterne
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Die Virtuosität der Lippensynchronität
1 Jahr her.
Kritik

''Bastian Kraft benötigt für seinen Zauberberg gerade zwei Schauspielerinnen und zwei Schauspieler: Tilman Tuppy (anstelle von Felix Kammerer in der vergangenen Spielzeit), Dagna Litzenberger Vinet, Markus Meyer und Sylvie Rohrer. Sie klettern zu Beginn auf die Bühne und verharren dort, wenn es das Licht zulässt: weiß bis beige, bis zum Ende. Zugleich werden sie als Talking Heads, bis zur Unkenntlichkeit maskiert, auf die stilisierten Felsklippen – es könnten auch die Trümmer eines Bunkers sein – projiziert. Die leibhaftig präsenten Darsteller sprechen den Text, unabhängig vom Geschlecht, lippensynchron zu den vorproduzierten Bildern. Die Dialoge zwischen Settembrini und Naphta werden bis zu deren Duell und dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs atemlos von der phänomenalen Sylvie Rohrer gesprochen. Manchmal deuten die Sprecher parallel zu den projizierten Bildern Handbewegungen und mimische Finessen an.

An einer Stelle hält der Sprachstrom, diese Aneinanderreihung von Sentenzen Thomas Manns, an und die leidenden Vier messen sieben Minuten lang Fieber.

Ein gewagtes Unternehmen. Und doch auch eine Enzyklopädie der gerade am Theater gängigen Verfahren: der exzessiven Verwendung von Video, der Ablösung der Stimme vom Körper, des Austauschs der Geschlechter, also die Auseinanderdividierung von Figur und Darsteller. Nichts davon ist neu. Nicht die Technik fordert Bewunderung, sondern deren Durchführung. Damit haben Bastian Kraft und sein Ensemble gepunktet.'' schreibt Thomas Rothschild am 14. Oktober 2023 auf KULTURA-EXTRA

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