Kritik
Kathrin Angerer hat sich im Steigbügel ihres Pferdes verfangen, baumelt hilflos und stimmt das typische Pollesch-Jammer-Lamento an: das Leben sei eine einzige Katastrophe, es gehe nur noch bergab. Die Diskursschleifen, die nach so vielen Jahren mittlerweile wie aus der Retorte wirken, sind wie üblich mit popkulturellen und soziologischen Referenzen gewürzt. Der wichtigste Anker sind diesmal die Anspielungen auf den Western-Klassiker „Die glorreichen Sieben“,
der vor wenigen Tagen auch in Polleschs Berliner Wahlheimat in der Bar jeder Vernunft travestiert wurde.
Was diesen Pollesch-Abend aus dem seriellen Einheitsbrei etwas heraushebt, sind drei Faktoren: Erstens ein besonders stargespicktes Ensemble. Zweitens ist das Bühnenbild mit den sieben lebensgroßen Lipizanern aus de Hofreitschule nachempfunden sind, ein echter Hingucker. Das glorreiche Quintett kann sich mit Turn- und Slapstickübungen an ihnen austoben und tänzelt ansonsten um die Pferde herum. Drittens gönnte sich René Pollesch bei seiner vorerst letzten Wiener Inszenierung einige spöttische Seitenhiebe gegen österreichische Nationalheiligtümer, nahm den Burgtheater-Finanzskandal aus der Ära Matthias Hartmann aufs Korn, der die Gerichte jahrelang beschäftigte, und kalauert auch mit einigen Ibiza-Wortspielen.
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