Bewertung und Kritik zu
REMEMBER ME
John Cranko / Kenneth MacMillan
Premiere: 13. Juli 2023
Stuttgarter Ballett
Zum Inhalt: 1972 hatte John Cranko das Stuttgarter Ballett geformt, wie er es haben wollte. Für sein gesamtes Ensemble kreierte er Initialen R.B.M.E. zu den vier Sätzen von Johannes Brahms‘ gewaltigem 2. Klavierkonzert. In Solopartien stellte er seine wichtigsten Musen mit ihren Qualitäten in den Vordergrund: Im ersten Satz Richard Cragun, einen strahlenden Draufgänger, der endlose Dreh- und Sprungkombinationen beherrschte; im zweiten Birgit Keil, deren wunderschöne Linie besonders zur Geltung kam; im Andante Marcia Haydée als beseelte Lyrikerin und im vierten Satz, dem Petit Allegro, Egon Madsen voller Schalk und Virtuosität. Umrahmt vom Corps de ballet und weiteren SolistInnen formten sie ein überwältigendes Viergestirn – elegisch und zugleich lebensbejahend. Und heute? Heute schlüpft eine neue Generation in die Rollen der Idole und gedenkt John Cranko. Als ob der Choreograph es vorhergesehen hätte, lässt sich aus den Initialen „Remember me“ lesen.
Kenneth MacMillan schuf Requiem in Erinnerung an seinen Freund und Kollegen John Cranko. Gemeinsam hatten sie schon die Ballettschule besucht und standen als Tänzer beim Royal Ballett zusammen auf der Bühne. Cranko entdeckte als Erster der beiden das Choreographieren für sich und ermunterte den von Lampenfieber geplagten Freund, es ebenso zu versuchen. Während Cranko Direktor in Stuttgart wurde, schuf MacMillan in London erfolgreich Ballette. Doch die Verbindung brach nie ab. Insgesamt schuf MacMillan sechs Uraufführungen für das Stuttgarter Ballett, darunter Requiem drei Jahre nach Crankos frühem Tod. Zu Gabriel Faurés Totenmesse zeichnete MacMillan das Porträt einer Compagnie, die den Verlust unter Schmerzen bewältigt. Berühmt für dramatische Handlungsballette wie Mayerling betont Requiem MacMillans musikalische Seite. Mit dem symphonischen Ballett hat MacMillan seinem Freund ein tänzerisches Memento Mori geschenkt.
Initialen R.B.M.E.
Choreographie: John Cranko
Musik: Johannes Brahms
Bühnenbild und Kostüme: Jürgen Rose
Mit: Rocio Aleman, Elisa Badenes, Anna Osadcenko, Agnes Su, David Moore, Martí Fernández Paixà, Jason Reilly, Adhonay Soares da Silva, Friedemann Vogel, Mackenzie Brown, Daiana Ruiz, Matteo Miccini und Irene Yang sowie dem Corps de Ballet
UA beim Stuttgarter Ballett: 19. Januar 1972
Requiem
Choreographie: Kenneth MacMillan
Musik: Gabriel Fauré
Bühnenbild und Kostüme: Yolanda Sonnabend
Licht: Mark Pritchard
Mit: Elisa Badenes, Anna Osadcenko, Martí Fernández Paixà, Jason Reilly, Friedemann Vogel, Mackenzie Brown, Daiana Ruiz, Veronika Verterich, Clemens Fröhlich, Adrian Oldenburger und Satchel Tanner sowie dem Corps de Ballet
UA beim Stuttgarter Ballett: 28. November 1976