Bewertung und Kritik zu
HÄNSEL UND GRETEL
von Engelbert Humperdinck
Regie: Axel Ranisch
Premiere: 6. Februar 2022
Staatsoper Stuttgart
Zum Inhalt: Selbst im Märchen sieht die Welt manchmal aus, als würde sie gerade vor die Hunde gehen: Im Hause Besenbinder, wo die Geschwister Hänsel und Gretel aufwachsen, gibt es selten mehr zu beißen als trocken Brot. Und auch draußen findet man erst ziemlich tief im finsteren Wald Essbares, denn die unmittelbare häusliche Umgebung wirft nichts ab. Was will man aber mit so einer kaputten Welt noch anfangen? Zum Glück gibt es eine gewisse Knusperhexe, die bei Regisseur Axel Ranisch als Charity Queen das Versorgungsproblem löst und köstliche bunte Drops verteilt. Der Haken: Hänsel und Gretel entdecken in dieser „Charlie und die Schokoladenfabrik gone wrong“-Fantasie, dass der Süßkram aus eher ungewöhnlichen Zutaten hergestellt wird. Steckt die Knusperhexe dann endlich selbst im Ofen, in dem Hänsel braten sollte, verschwinden zwar keine Kinder mehr – die Lebensmittelknappheit aber bleibt.
Doch wir wären nicht im Märchen, wenn am Ende nicht von irgendwoher eine Hoffnung wachsen würde. Engelbert Humperdinck und seine Schwester Adelheid Wette wollten ursprünglich nur ein kleines Märchenspiel zu Weihnachten aufführen, doch die dann mit großer Begeisterung einsetzende Eskalationslogik des Projekts brachte uns eins der beliebtesten großformatigen Familienstücke der Musiktheatergeschichte. Idealbesetzung daher: Mit der Dirigentin Alevtina Ioffe heckte Axel Ranisch, der mit Die Liebe zu drei Orangen 2018 einen echten Publikums-Hit für die Staatsoper Stuttgart gelandet hat, bereits den tollkühnen Doppelabend Iolanta / Mavra an der Bayerischen Staatsoper München aus. Humperdincks Märchenoper nimmt er wieder mit viel Erzähllust und krudem Humor und stellt wie nebenbei die Frage, was die Welt noch für Verwandlungen durchmachen muss, bis wir wissen, wie das gute Leben aussehen könnte.
Musikalische Leitung: Alevtina Ioffe
Regie: Axel Ranisch
Bühne: Saskia Wunsch
Kostüme: Alfred Mayerhofer
Choreographie: Janine Grellscheid
Video: Philipp Contag-Lada
Licht: Reinhard Traub
Einstudierung Kinderchor: Bernhard Moncado
Dramaturgie: Franz-Erdmann Meyer-Herder