Regie: Stefan Pucher Premiere: 13. Mail 2023 Schauspiel Stuttgart
Zum Inhalt: Eine Seuche wütet in Theben. Das Orakel von Delphi verkündet, erst wenn der Tod des einstmaligen Herrschers Laios aufgeklärt wird, könne der Fluch weichen. König Ödipus muss erkennen, dass er unwissentlich zum Mörder seines Vaters und zum Gatten seiner Mutter geworden ist. Der Dramatiker Thomas Köck stellt in seiner Neudeutung des Ödipus-Stoffes die Frage nach Erkenntnisfähigkeit und Verantwortung des Einzelnen ins Zentrum. Vorhersagen einer düsteren Zukunft gibt es zuhauf, doch warum fehlt uns die Kraft zum Handeln? Die modernen Orakel haben gesprochen, die Priester des Altertums wurden von ratgebenden Expert:innen abgelöst. Wir alle wissen, was kommen wird, nämlich nichts, was wir nicht schon alle längst ahnen.
Mit: Thomas Hauser, Therese Dörr, Sebastian Röhrle, Michael Stiller, Katharina Hauter, Celina Rongen, Marietta Meguid, Josephine Köhler, Teresa Annina Korfmacher, Jannik Mühlenweg, Valentin Richter.
Inszenierung: Stefan Pucher Bühne: Nina Peller Kostüme: Annabelle Witt Musik: Christopher Uhe Video / Live-Video: Ute Schall, Hannes Francke Dramaturgie: Carolin Losch
''Das unentrinnbare Schicksal, an das man in der Antike glaubte und für dessen Darstellung das analytische Drama die angemessene Form ist, kann für Thomas Köck allenfalls noch Metapher sein. An seine Stelle tritt bei ihm der Widerspruch zwischen dem Bewusstsein von den drohenden Katastrophen ökonomischer und ökologischer Art und der Unfähigkeit so zu handeln, wie diese es erforderten.
Köck kommt zu der Erkenntnis, dass unsere heutigen Probleme nicht mit der Tilgung der Schuld eines Ödipus gelöst werden können. Das ahnten wir fast. Das Theater hat sich verändert. Die tragische Fallhöhe des „Narrativs“ vom Vatermörder und Mutterschänder ist unterwegs verloren gegangen. Furcht und Mitleid sind fast schon lächerlich. Gewonnen wurde die Verbindung zu unserer Lebenswelt und, im Programmheft, zu Antonio Gramsci. Immerhin erinnert uns der Theaterabend auf sinnliche Weise an jene Wahrheit, die den Stuttgarter Spielplan zusammenhält: dass „back to normal“ keine Option ist. Zustimmung, viel Applaus, und dann back to Würstchen und Kartoffelsalat am Buffet.
Es bedarf keines Delphischen Orakels um vorherzusagen: diese Uraufführung wird ihren Weg, wenn nicht zum nächstjährigen Berliner Theatertreffen, zu den Mülheimer Theatertagen finden.'' schreibt Thomas Rothschild am 15. Mai 2023 auf KULTURA-EXTRA