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Die Ärztin

Bewertung und Kritik zu

DIE ÄRZTIN 
von Robert Icke sehr frei nach «Professor Bernhardi» von Arthur Schnitzler
Regie: Miloš Lolić 
Premiere: 21. November 2024 
Residenztheater München - Marstall

Zum Inhalt: Dr. Ruth Wolff ist als Ärztin eine Koryphäe. Sie leitet ein auf Alzheimer-Forschung spezialisiertes Institut in einer angesehenen Privatklinik. Bei ihren Kolleg*innen ist sie wegen ihres wenig diplomatischen Auftretens allerdings nicht wirklich beliebt. Als diensthabende Ärztin hat sie es eher zufällig mit dem Fall eines 14-jährigen Mädchens zu tun, für das es nach einem misslungenen Eingriff keine Rettung mehr gibt. Als ein katholischer Priester ihr die Sterbesakramente erteilen will, verweigert die säkulare Jüdin Ruth ihm den Zutritt ins Krankenzimmer. Für Ruth ist dieser Streit eine Bagatelle, zumal sie sich im Recht sieht, doch der Vorfall schlägt rasch hohe Wellen: intern, weil einige Kollegen mit Ruths Verhalten nicht einverstanden sind, und extern, weil die Auseinandersetzung publik und darum eine Online-Petition gegen sie gestartet wird. Die Folge ist, dass erste Sponsoren drohen, ihre finanzielle Unterstützung von Krankenhaus und Institut einzustellen. Auch ihre Kolleg*innen konfrontieren sie mit antisemitischen und frauenfeindlichen Ressentiments. Am Ende sieht sich Ruth einem karriere- und existenzgefährdenden medialen Shitstorm ausgesetzt, in dem sich unterschiedliche religiöse, gesellschaftliche und ethische Positionen, mit Fragen nach Identität, Herkunft und Geschlecht vermischen und unversöhnlich gegenüberstehen.

Autor und Regisseur Robert Icke hat Arthur Schnitzlers Stück «Professor Bernhardi» (1912) kongenial in die Gegenwart übersetzt. Die Londoner «Times» feierte«Die Ärztin» als eine «Operation am offenen Herzen unserer Gegenwart, die immer komplizierter wird, je tiefer man schneidet». Icke spielt virtuos mit den Erwartungen und Erfahrungen der Zuschauer*innen, denn mit jedem Perspektivwechsel gilt es, nicht nur das Geschehen neu zu interpretieren, sondern auch die eigenen Überzeugungen zu hinterfragen.

Inszenierung: Miloš Lolić
Bühne: Volker Thiele
Kostüme: Ellen Hofmann
Komposition: Valerio Tricoli
Licht: Verena Mayr
Dramaturgie: Katrin Michaels

3.0 von 5 Sterne
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Note überflüssig
22 Tage her.
Kritik

Der Regisseur Miloš Lolić versucht, jeden Anflug von Realismus und Psychologie zu vermeiden. Seine Figuren bewegen sich vor einer Glaswand mit verschiebbaren Scheiben, hinter der Nebelschwaden aufsteigen, weitgehend wie in Trance. Dazu ertönt im Hintergrund pausenlos Musik.

Bei Icke steht das gedankenreiche Gespräch zwischen der Ärztin und dem Pfarrer am Schluss der „Komödie“. Bei Schnitzler findet es im vierten Akt statt. Es folgt noch bei ihm ein ganzer Akt, der dem Stück eine unverzichtbare Wendung verleiht. Icke streicht dieses sarkastische Resümee. Das ist keine Beiläufigkeit. Es kehrt die Aussage in ihr Gegenteil. Bernhardi sagt bei Schnitzler ganz am Ende: „Sie vergessen nur das eine, lieber Herr Hofrat, wie die meisten übrigen Leute, daß ich ja nicht im entferntesten daran gedacht habe, irgendeine Frage lösen zu wollen. Ich habe einfach in einem ganz speziellen Fall getan, was ich für das Richtige hielt.“

Ickes Ruth Wolff kommt so etwas nicht in den Sinn und erst recht nicht über die Lippen. Damit aber steht und fällt, was Schnitzler uns sagen wollte. Schade drum. Man kann es auch anders formulieren. Man sollte Dramen der Vergangenheit nur „überschreiben“, wenn das Ergebnis zumindest so intelligent ist wie die Vorlage. Wenn es dümmer ist, dient es allein dem Konto des Bearbeiters. Note: überflüssig.

Das gilt jedenfalls für das Stück. Die Aufführung lässt nicht erkennen, dass das Ensemble damit Probleme gehabt hätte. Aber es gehört wohl zur Psychologie von Theaterleuten, dass sie sich mit Inszenierungen, in denen sie Rollen übernommen und in deren Gestaltung sie Mühe und Arbeit gesteckt haben, identifizieren. Jedenfalls hört man selten von Schauspielerinnen und Schauspielern, die ein verlockendes Angebot ablehnen, weil sie es für unbefriedigend halten.'' schreibt Thomas Rothschild am 22. November 2024 auf KULTURA-EXTRA

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