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Residenztheater München
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SPIELPLAN & KARTEN

Das Schloss

Bewertung und Kritik zu

DAS SCHLOSS 
nach dem gleichnamigen Roman von Franz Kafka
Regie: Karin Henkel 
Premiere: 2. Februar 2024 
Residenztheater München

Zum Inhalt: Eines Abends betritt ein Unbekannter namens K. ein Dorfgasthaus. Wie ihm mitgeteilt wird, darf sich vor Ort aber niemand ohne Bewilligung der dem Dorf vorstehenden Schlossbehörden aufhalten. K. weist sich daraufhin als ein vom Schloss bestellter Landvermesser aus und wird nach drei Tagen darüber in Kenntnis gesetzt, dass man keinen Landvermesser brauche, ja nicht einmal sicher sei, ob je nach einem verlangt wurde. Aus ungeklärten Motiven und gegen seinen Wunsch ernennt man K. stattdessen zum Schuldiener, attestiert ihm in einem Schreiben aus dem Schloss aber, dass man mit seiner Tätigkeit als Landvermesser durchaus zufrieden sei. So dubios der Verwaltungsapparat des Schlosses agiert und so intransparent und willkürlich die Entscheidungen der Beamten scheinen, sosehr muss auch der Wahrheitsgehalt der inkohärenten Aussagen von K. angezweifelt werden.

Um die Rechtmäßigkeit seiner Anwesenheit und Verpflichtungen zu klären, versucht K. schließlich selbst im Schloss vorstellig zu werden, doch all seine Versuche, zum Schloss zu gelangen, scheitern. Je größer sein Bemühen, desto entfernter und unerreichbarer scheint das Schloss. Unklar bleibt auch, welche Bewandtnis es damit überhaupt auf sich hat – gewiss ist nur, dass K. niemals ans Ziel gelangen wird. Ständig werden falsche Fährten gelegt, widersprüchliche Informationen gegeben, vage Vermutungen angestellt, Angaben in Zweifel gezogen, denn das Wesen des «Schlosses» ist seine Undeutbarkeit. Oder wie der Filmsoziologe Siegfried Kracauer, ein Zeitgenosse Kafkas formulierte: «Das Schloss» ist Ausdruck der «Abgesperrtheit des Menschen von der Wahrheit».

Inszenierung: Karin Henkel
Bühne: Thilo Reuther
KostümeKatrin Wolfermann
Komposition und Sounddesign: Arvild J. Baud
Komposition und Live-Musik: Pollyester
Körperarbeit: Brandon Lagaert
Chorarbeit: Alexander Weise
Licht: Markus Schadel
Dramaturgie: Constanze Kargl, Rita Thiele

3.5 von 5 Sterne
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K. ist viele
5 Tage her.
Kritik

''Am Münchner Residenztheater ist es Das Schloss, und Karin Henkel beherrscht das kafkaeske Handwerk. Sie hat eine Entdeckung gemacht: Eine literarische Figur, ob Thomas Bernhards Franz Murau, ob Hamlet wie eben in Wien, ob Kafkas K., muss auf dem Theater nicht einem einzigen Darsteller zugeordnet werden. Sie kriegt offenbar nicht genug von diesem Bühnentrick zur Lösung aller Identitätsprobleme. Ihr Ansatz zur Kafka-Deutung ist nicht der theologische, sondern die Bürokratiekritik. Dabei lässt sie auch Raum fürs Komische. Die Gehilfen Arthur und Jeremias sind bei ihr Verwandte von Gogols Bobtschinski und Dobtschinski. „Kafkaesk“ wird das alles durch das Fehlen räumlicher und zeitlicher Logik in den Repliken und Reaktionen. Die Wächter tragen Frauenkleider: auch das Geschlecht ist Teil der unbestimmten Identität. Die Zeitanzeige an der Wand und das Display am Fahrstuhl spielen verrückt. Die Hochhäuser hinter den fensterlosen schwarzen Räumen mit Zwischenkabinen, die der Verwandlung der Darsteller dienen, steigen auf und senken sich. Die Menschen werden – ein sehr zeitgemäßer Gedanke im Strudel von KI – zu Automaten.

Karin Henkel kennt nicht nur Das Schloss. Sie zitiert auch den zum Ungeziefer verwandelten Gregor Samsa, die Strafkolonie, den Process. Die Parabel Vor dem Gesetz wird vorsichtig angetönt. Die K.s allesamt warten auf Klamm, der ebenso wenig kommt wie Godot.

Über die Bühne geistert in Abständen eine Kreuzung aus Nico und Cher mit Eektrobass und singt beispielsweise Joni Mitchells Both Sides Now. Kafkaesk? Es gibt auch Konstanten im Gegenwartstheater.'' schreibt Thomas Rothschild am 24. November 2024 auf KULTURA-EXTRA

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Tragikomisch taumelnder K.
8 Monate her.
Kritik

Tief haben sich Karin Henkel und ihre bewährte Dramaturgin Rita Thiele in die Sekundärliteratur zum Roman-Fragment „Das Schloss“ von Franz Kafka eingelesen. Aus verschiedenen Blickwinkeln und Fachdisziplinen wird der Text beleuchtet, das Programmheft ist so umfangreich, wie es sich nur noch wenige große Häuser leisten.

Man durfte gespannt sein, für welche Lesart sich das Duo in seiner Theaterfassung entscheidet. Wie in vielen anderen aktuellen Kafka-Inszenierungen wird der „K.“ im fliegenden Wechsel von verschiedenen Ensemble-Mitgliedern gespielt, Carolin Conrad drückt der Hauptfigur mit ihrem ungläubigen Staunen den stärksten Stempel auf. Dieser Residenztheater-„K.“ krabbelt wie ein Versuchsobjekt immer wieder an einer Glaswand hoch, findet aber weder Halt noch Ausweg aus dem Labyrinth der Bürokratie der Schlossherren. Dazu passt, dass in einigen Szenen plötzlich der große Käfer, in den sich Samsa in Kafkas „Verwandlung“ verwandelt, aus dem Fremdtext herüberkrabbelt und kurz über die Szene kreucht.

Zur tragikomischen Figur wird „K.“ in dieser Lesart, die gezielt jene Passagen aus dem Roman-Fragment auswählte, in denen der Landvermesser Verhören unterzogen wird, widersprüchliche Auskünfte bekommt und am Ende immer noch verwirrter zurückbleibt. Ein Trumpf der Inszenierung ist Thilo Reuthers ausgefeiltes Bühnenbild, ständig öffnen sich neue Türen, verschieben sich Wände, verschwinden Figuren oder tauchen wie aus dem Nichts wieder auf. Das hat großen Schauwert, doch dieses zentrale Prinzip der Inszenierung wiederholt sich in den knapp zwei Stunden etwas zu oft.

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