Bewertung und Kritik zu
DER PREIS DES MENSCHEN
von Thiemo Strutzenberger
Regie: Miloš Lolić
Premiere: 11. Oktober 2020
Residenztheater München
Zum Inhalt: Frankreich zur Zeit der Napoleonischen Kriege. Die Gräfin Angela de Lima flieht vor ihrem gewalttätigen Mann ins Kloster, wo sie auf die Novizin Francisca trifft, die am uneingelösten Liebesversprechen des Klerikers Dinis zerbricht. Die verarmte Herzogin Elisa de Montfort begegnet einem Sklavenhändler, mit dem sie einen Liebeshandel eingeht, um seine Weltanschauung am Beispiel ihrer selbst ad absurdum zu führen, während der Diener Pedro da Silva von der aristokratischen Herrschaft nach Belieben als Liebespfand oder Eigentum reklamiert wird.
Der Roman «Mistérios de Lisboa» des portugiesischen Schriftstellers Camilo Castelo Branco diente Thiemo Strutzenberger als Assoziationsquelle. Anhand der Liebesbeziehungen und zwischenmenschlichen Tragödien seines Personals formuliert er eine Ökonomie der Machtverhältnisse und Ausbeutungsprinzipien. Er beschreibt eine Welt, deren Ordnung nach wie vor auf den Ansprüchen der Kolonialmacht basiert und wo der Ruf nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit nur dort widerhallt, wo es der Rang erlaubt. Die Spuren dieser Wertelogik, die Menschenleben in Zahlen rechnet, verfolgt Strutzenberger bis in unsere Gegenwart: Unter welchen Bedingungen wird der Mensch zur Ware? Was ist der Preis, den wir bereit sind, für den Erhalt des Eigenen zu zahlen – und auf wessen Kosten?
Inszenierung: Miloš Lolić
Bühne: Evi Bauer
Kostüme: Jelena Miletić
Musik: Nevena Glušica
Licht: Uwe Grünewald
Dramaturgie: Stefanie Hackl