Zum Inhalt: Ein namenloses Ich durchmisst die Ruinen einer untergegangenen Zivilisation, immer stand es an der Seite der Mächtigen, wurde gehört, ohne aber je selbst zu entscheiden. In den verlassenen Palästen tauchen Geister der Vergangenheit auf: Unter der Fahne der Kirche segelnd treiben europäische Konquistadoren mit ihrer räuberischen Suche nach Eldorado die von Europa ausgehende Ausbeutung des Planeten voran. Andere taumeln, von Opiaten betäubt, zwischen Kollaps und Explosion hin und her. Zunehmend überlagern sich die Zeitebenen, bis auf den Trümmern etwas Neues entsteht. Wie immer in seinen Werken sucht Thomas Köck in der Geschichte nach den Wurzeln für die Fehlentwicklungen unserer Gegenwart. Mit dieser Inszenierung von Jan-Christoph Gockel beginnen die Kammerspiele eine längerfristige Zusammenarbeit mit dem Dramatiker, der als erster Autor zweimal in Folge den Mülheimer Dramatikerpreis gewann.
Mit: Bernardo Arias Porras, Katharina Bach, Christian Löber, Nancy Mensah-Offei, Michael Pietsch, Leoni Schulz
Regie: Jan-Christoph Gockel Bühne: Julia Kurzweg Kostüme: Janina Brinkmann Musik: Anton Berman, Maria Moling Puppenbau: Michael Pietsch Lichtdesign: Christian Schweig Dramaturgie: Tobias Schuster
Höllenspuk zwischen Eldorado, McDonald´s und Göttlicher Komödie
3 Jahre her.
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Kritik
''Im Zentrum steht eine namenlose Ich-Figur, in der aber unschwer der durch die Jahrhunderte wandernde blinde Seher Teiresias zu erkennen ist, den hier auch alle mal mit blutiger Augenbinde spielen dürfen. Sein lyrischer Klagegesang beim Durchstreifen der leeren Paläste rahmt den übrigen Text. Er, der alles immer schon hat kommen sehen, beklagt die Unbelehrbarkeit der Menschen im Angesicht vergangener Missetaten, bezichtigt sich aber auch selbst, tatenlos zugesehen haben. Ein Vorwurf, der auch heute auf viele Menschen passen dürfte. Teiresias wandert wie Dante in seiner Göttlichen Komödie durch die Ringe der Hölle, das Fegefeuer und Paradies. In großletternen Überschriften werden Stationen wie INFERNO, PURGATORIO oder PARADISO auf den geschlossenen Vorhang projiziert. In sogenannten Zwischenspielen u.a. vor dem Vorhang als verqualmte, ionische Gesprächsrunde geht es darum, wem die Paläste gehören, wer sie gebaut hat und dass es in der Wiederholung der Bilder keine Erlösung gibt. Die Bitte um Erlösung vor dem Jüngsten Gericht gipfelt schließlich in liturgischen Versen und einer Kreuzigung am McDonald‘s-M.
Zu den hochpoetischen aber auch sehr ausschweifenden Texten Köcks baut Gockel ein Bild nach dem anderen, wiedermal unterstützt durch die Puppen des Schauspielers und Puppenbauers Michael Pietsch. Sie werden vom Ensemble geführt und gesprochen. Das Problem ist, diese auf den ersten Blick scheinbar nicht zusammengehörenden Fließtexte und Spielszenen zu einem Theaterabend zusammenzufügen. Hochpathetische Teiresias-Passagen wechseln mit Klamauk im Ronald-McDonald-Kostüm und mit der Live-Kamera gedrehten Szenen im VW. Stark ist die Musikbegleitung von Anton Berman und Maria Moling an Keyboard und Schlagzeug. Katharina Bach bläst hin und wieder auf der Trompete und Christian Löber spielt E-Gitarre. Aber auch Bernardo Arias Porras, Nancy Mensah-Offei und Leoni Schulz haben ihre Auftritte. So richtig zusammenhalten kann diesen sich selbst nicht sehr ernst nehmenden Abend aber nicht mal die immer wieder traurig über die Bühne wandelnde Puppe eines kleinen Jungen. Die um ihre Zukunft betrogene Jugend bedeckt die Toten auf der Bühne mit einem Leichentuch. Ein nicht enden wollender Höllen-Spuk in weißen Laken.'' schreibt Stefan Bock am 5. Januar 2022 auf KULTURA-EXTRA
Überbordendes Requiem auf die westliche Zivilisation
3 Jahre her.
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Kritik
Trotz E-Gitarre, Klassik und Schlager, mit denen Uraufführungsregisseur Jan-Christoph Gockel den Text von wildem Musik-Stil-Mix begleiten lässt, ist dieser Abgesang auf die westliche Zivilisation ein Abend in Moll.
Hektisch springt der Text vor und zurück, verknüpft die Gier der Goldsucher von Eldorado mit der Profitgier global agierender Franchise-Unternehmen wie McDonald´s, dessen goldgelbes Logo ebenfalls leitmotivisch in den Abend eingebaut wird. So unübersichtlich wie zu Frank Castorfs Volksbühnen-Zeiten geht es bei „Eure Paläste sind leer“ oft zu, wenn Köck, Gockel und das Live-Musik-Duo Anton Berman und Maria Moling Vollgas geben.
Der stärkste Strang des Abends ist um die mythische Figur des Sehers Tireisas erdacht, der lamentierend durch die Ruinenlandschaften zu Füßen des Kammerspiele-Balkons wandert, den Julia Kurzweg nachgebaut hat. Niemand hörte auf seine Warnungen, die Menschen richteten sich selbst zugrunde, so der Tenor dieses Requiems von Köck, das anspielungsreich auch schon in den eingeblendeten Zwischentiteln auf christliche Liturgie und Dantes „Divina Commedia“ verweist.
„Eure Paläste sind leer“ ist ein derart überbordender Text und praller Theater-Abend, dass man beim ersten Sehen wohl gar nicht alle Motive und Verästelungen erfassen kann, mit denen Regisseur und Autor ihr Publikum herausfordern.
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