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Lear

Bewertung und Kritik zu

LEAR 
nach William Shakespeare
Regie: Christoph Marthaler 
Premiere: 23. Mai 2021 
Bayerische Staatsoper München

Zum Inhalt: König Lear will sein Reich unter seinen drei Töchtern aufteilen. Diejenige, die ihn am meisten liebt, soll am meisten bekommen. Da Cordelia in nur schlichten einfachen Worten ihre Liebe beschreibt, enttäuscht sie ihren Vater, und geht leer aus. Unter den beiden anderen Töchtern wird das Reich aufgeteilt, und alsbald herrschen Zwietracht und Intrige. Lear zerbricht daran, wird ein machtloser Bettler und verfällt dem Wahn.

Basierend auf William Shakespeares Tragödie King Lear – das Libretto richtete Claus H. Henneberg ein – komponierte Aribert Reimann die Oper Lear, die als Auftragswerk der Bayerischen Staatsoper 1978 im Nationaltheater zur Uraufführung kam. Reimanns Komposition zeigt eine Dramaturgie, die in hohem Tempo das Spiel der Machtbesessenheit zum Movens macht. Lears Gesangslinie von exorbitanter Virtuosität gekennzeichnet verdeutlicht den gebrochenen König mit seinen nur auf der Oberfläche wirrwirkenden Redeweisen. Die instrumentalen Cluster-Strukturen dieses Monumentalwerks erschaffen eine atemberaubende Atmosphäre und sind Grund dafür, dass als Opernklassiker des 20. Jahrhunderts diese Metamorphose als Spiegel unserer Zeit nicht mehr wegzudenken ist.

Musikalische Leitung: Jukka-Pekka Saraste
Inszenierung: Christoph Marthaler
Mitarbeit Inszenierung: Joachim Rathke
Bühne: Anna Viebrock
Kostüme: Dorothee Curio
Licht: Michael Bauer
Chor: Stellario Fagone
Dramaturgie: Benedikt Stampfli, Malte Ubenauf

5 von 5 Sterne
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Kein bisschen leise: Lear im Museum
3 Jahre her.
Kritik
''Eine solch anspruchsvolle Partitur erfordert von allen Beteiligten höchste Kunst. Das gesamte Ensemble – am Pult Jukka-Pekka Saraste - ist denn auch Weltklasse bis in jede Nebenrolle hinein. Die Töchter Lears (Angela Denoke, Ausrine Stundyte, Hanna-Elisabeth Müller) bei aller Forciertheit ihrer extremen Sopranrollen eben nie schrill, der Countertenor Edgar (Andrew Watts) anrührend, Gloster (Georg Nigl) ein Charakter, der König in seinem Wahn glasklar, sich scheinbar mühelos gegen das gesamte Orchester durchsetzend. Dazu einer, dessen ruhige, langsame Arbeit eigentlich gar nicht zu diesem musikalischen und dramaturgischen Dauerfeuer passt. Der Regisseur Christoph Marthaler ist bekannt dafür, Situationen umzudrehen, Gegengewichte aufzuspüren. Gerade angesichts dieser Musik und dieses Stoffes macht es Sinn, hebt manchen Über-Druck auf. So scheitert Lear auch, weil er sich auf das Kleine, seine Insektensammlung konzentriert (das Programmheft zeigt faszinierende Fotos ihrer Facettenaugen), und das große Ganze aus dem Blick verliert. Kein Blut, keine ausgestellten Todesszenen, keine Mörder-Psychologie. Dafür eine reduzierte Bühne (Anna Viebrock), auf der die Kombattanten immer wieder ihre Rollwagen oder Umzugskisten erklettern, Machtworte von der brüchigen Empore werfen, Fahrstühle sich öffnen und doch leer bleiben. Der Sturm spielt sich im Kopf ab - und bleibt dankenswerterweise für die Musik reserviert, so wie der Wahnsinn, die Mordlust, die Machtgier. Marthaler schafft der Realität entrückte Figuren: leicht wie aus einem Traum, tot und doch lebendig, museal und doch so gegenwärtig. Die bösen Töchter Goneril und Regan sind gestylte Miststücke in knallbunten Schuhen à la Imelda Marcos (Kostüme: Dorothee Curio), die andauernd Parfüm versprühen als sei es Desinfektionsmittel. Die gute Cordelia erinnert an Lady Di. Lear und Edgar verlieren mit ihren Hosen die Macht, aber nicht jede Würde, die Jacketts hängen voller Orden wie bei Kriegsveteranen. So erlaubt sich die Inszenierung sogar ein Quäntchen Humor, einen Kalauer am Anfang (wird nicht verraten), durch die Szene wandelnde und winkende Rüstungen, und am Schluss wieder eine Touristenführung mit Guide. Großer, ja begeisterter Beifall für alle Mitwirkenden, keine einzige Einzelverbeugung!'' schreibt Petra Herrmann am  24. Mai 2021 auf KULTURA-EXTRA
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