Inhaltlich kein Schwergewicht, sondern eher ein "Intermezzo" vom italienischen Komponisten Ermanno Wolf-Ferrari, uraufgeführt 1919 in München.
Der junge Graf Gil hat eine wunderschöne Frau namens Susanna. Aber wer etwas so Schönes sein eigen nennt, lebt auch ständig in der Furcht, daß es ihm genommen werden könnte. Eines Tages vermeint der Graf den Duft von Zigarettenrauch wahrzunehmen und wähnt sofort einen heimlichen Liebhaber seiner Frau im Hause.
Gil plant, seiner Frau eine Falle zu stellen und den heimlichen Konkurrenten zur Strecke zu bringen. Er verläßt zum Schein das Haus, kehrt aber umgehend zurück und durchstöbert wütend alle Räume auf der Suche nach dem vermeintlichen Nebenbuhler, findet aber nichts Einschlägiges. Schliesslich beichtet ihm seine Frau, dass sie sich aus purer Langeweile selbst dem Laster des Rauchens ergeben habe. Beschämt entschuldigt sich der Graf für seine rasende Eifersucht und greift nun selbst zur Zigarette, um es seiner geliebten Gattin gleichzutun, und auch der stumme Diener Sante folgt dem neuen Trend im Hause Gil.
Diese Handlung wirkt in unseren Tagen auf rührende Weise anachronistisch. Heute greift niemand mehr aus Zuneigung zur Zigarette - stattdessen ist die Nikotinsucht gesellschaftlich geächtet, und wer seine Frau versöhnen möchte, begleitet sie eher in ein First-Class-Restaurant oder auf eine Kreuzfahrt, statt mit ihr im Zigarettenkonsum zu schwelgen.
Die Inszenierung von Axel Ranisch mischt geschickt Realszenen, die in einem kleinen Geviert auf der Bühne spielen, mit Videoaufnahmen aus einer noblen Villenetage. Flotte Ouvertüre. Der Graf (Michael Nagy) verfolgt seine schöne Susanna (Selene Zanetti) mit der argwöhnischen Jagd nach dem unbekannten Zigarettenraucher. Unterdessen spielt Sante, der stumme Diener, ein wenig den Clown und scherzt auch schon mal mit dem Dirigenten. Zugespitzter Ehekrach, die Daunenfedern fliegen aus den Kissen des Ehelagers.
Der Graf verläßt das Haus, der stumme Diener ist heimlicher Hüter des gefährdeten ehelichen Zusammenhalts. Susanna und Sante ziehen gemeinsam an einer (elektronischen) Zigarette, die Rauchschwaden erfüllen den Raum. Der Graf kehrt zurück und stürmt unter eifersüchtiger Hochspannung durch die Wohnung auf der Suche nach dem geargwöhnten Liebhaber. Es folgt die Beichte und die Auflösung der Gewitterwolken: die Qualmer waren die durchaus treue Ehefrau und ihr willfähriger Diener. Erleichtert läßt sich der Graf ebenfalls zum Elektrodunst verführen, der Susannas ganzes Geheimnis war.
Yoel Gamzu am Pult des Bayerischen Staatsorchesters präsentiert Wolf-Ferraris spielerisch-anmutige Musik mit geschmeidigem Körpereinsatz und in höchst gefälliger Form. Ein unterhaltsamer Opernabend, der leicht ins Ohr geht und nicht schwer im Magen liegt.
Horst Rödiger
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