Regie: Anthony Pilavachi Premiere: 1. Dezember 2024 Oper Leipzig
Zum Inhalt: »Casta Diva« – »Keusche Göttin«. Mit dieser so berühmten Kavatine gebietet die Priesterin Norma der Bevölkerung Frieden im Kampf gegen die römischen Besatzer. In Norma selber aber tobt der Konflikt, da sie ihr Gelübde gebrochen hat und heimlich Liebende und Mutter ist. Sie führt ein Doppelleben, wie es auch ihr Liebhaber, der römische General Pollione, und die Novizin Adalgisa tun. All diese gefährlichen Geheimnisse spitzen sich vor den Konflikten um Besatzung und römische Vorherrschaft zu einem Drama um Leben, Tod und Liebesopfer zu. Man sagt, im Krieg seien alle Waffen erlaubt – auch die, die mitten ins Herz treffen und alles zerstören, was wir lieben?
Bellinis gefeierte Belcanto-Oper von 1831 präsentiert diese Konflikte in einem extremen Spektrum an Gefühlen, mit dramatischen Chorszenen, Ritualen und vokalem Feuerwerk der drei Ausnahmesänger im Zentrum dieses Opernthrillers. Hier geht es um Leben oder Tod, Krieg oder Frieden, Liebe oder Pflicht.
Musikalische Leitung: Daniele Squeo Inszenierung: Anthony Pilavachi Bühne und Kostüm: Markus Meyer Licht: Michael Röger Dramaturgie: Kara McKechnie Choreinstudierung: Thomas Eitler de Lint
''Das sinnstiftende Hauptverdienst von Anthony Pilavachis Regie der Norma - gestern Abend war ihre Premiere an der Oper Leipzig - war, dass er den handlungstragenden Beziehungsdreier derart auf den Punkt zu bringen wusste, dass das Publikum für diesen einen und für das Gesamtverständnis dieser wahrlich wirren Handlung sicherlich nicht unentscheidenden Moment in hörbar ausgelass'nes Schmunzeln geriet: In der vielleicht entscheidenden (Guckkasten-)Szene schwärmte Kathrin Göring (als Novizin Adalgisa ) in gesprächiger Selbstoffenbarung gegenüber Roberta Mantegna (als ihrer hohepriesterlichen "Chefin" Norma) von ihrem Geliebten, den sie erst am Schluss des Busenfreundinnengesprächs beim Namen nannte; ja und als dann Dominick Chenes (als Pollione, der Verflossene von Norma und zugleich der Vater ihrer beiden Kinder) unverhofft ins Bild getreten war, gab es für uns und mich als voyeuristische Gemeinde allen Grund zu mitfühlender Schadenfreude - das war Situationskomik vom Feinsten!
Ansonsten gibt das Stück an sich nicht sonderlich viel her: Die von den Römern okkupierten "Druiden" hoffen inständigst, dass sich das Blatt zu ihren Gunsten dreht, und Norma, ihre geistliche Anführerin, soll das durch diverse Mondanbetungen vorhersagen - bis sie dann letztlich (weil inzwischen ihre mutterschaftlichen Verfehlungen ans öffentliche Licht gerieten) ihren Job quittiert und sich höchstselbst den Flammen übergibt. Das alles wird vom Regisseur in die Zeit des Ersten Weltkrieges sowie des aufkommenden Mussolini-Faschismus verlegt, ein kollektives Gut-gegen-Böse als der immerwiederkehrende Totalkonflikt nicht nur auf Opernbühnen.'' schreibt Andre Sokolowski am 2. Dezember 2024 auf KULTURA-EXTRA