Kritik
Vor Spielbeginn ertönt im ausverkauften Depot 2 eine einführende Computerstimme aus dem Off: die Zuschauer dürften fotografieren, bloß keine nackten Körper. Dann werde man noch vor Ort entsprechend bestraft. Spätestens jetzt fällt die Vielzahl von Darstellungen nackter Körper auf. So stehen bzw. liegen im Bühnenzentrum selbst zwei überlebensgroße Nacktskulpturen. Das im Bühnenzentrum platzierte Bett ist eine übergroße Nacktabbildung des Mannes, der auf den weich-fülligen Bauch ebendieses Bettes zu Anfang schläft (Bruno Cathomas). Im Hintergrund sehen wir eine übergroße, stehende Nacktskulptur einer Frau, der jemand über den Kopf eine große Tüte gezogen hat. Wahrscheinlich handelt sich hier um ein Abbild der Frau, die zu Spielbeginn in der Fußmulde des im Zentrum stehenden Körperbettes nächtigt (Kate Strong). Eine mögliche Eitelkeit und ein Narzissmus der Hauptfiguren werden gleich zu Anfang entlarvt. Auf bildlicher Ebene legt die Vorführung nahe, dass auch das Menschenpaar nur noch leblose Körper sein könnten. Die Computerstimme aus dem Off wird das Geschehen noch öfters kommentieren. (...)
Wonderland Ave. hat einige Längen. Es wirkt ein bisschen übertrieben-aufgesetzt und unpassend-unlogisch, wenn die Roboter gegen Ende ausgelassen tanzen. Eine Figurenentwicklung und daraus hervorgehende Spannung kommt immer wieder zum Erliegen, da sich die Menschen im Kräfteverhältnis zu den Robotern stets unreflektiert ihrer Unterlegenheit sicher scheinen. Hier ist Autorin Sibylle Berg wieder ganz in ihrem zynischen Element. Insgesamt hinterfragt das temporeiche und witzige Drama jedoch mutig technische Zukunftsentwicklungen - etwa wie das allumfassende Internet mit seinen Algorithmen unser heutiges Leben bereits beeinflusst, in welchen Bereichen humanoide Roboter unsere Intelligenz bereits übersteigen und ob künstliche Intelligenz nicht auch ein Bewusstsein und Gefühle haben könnte. Immerhin schreibt ja bereits der Shintoismus, eine vor allem in Japan verbreitete ethische Religion, jedem Ding, ob belebt oder unbelebt, eine eigene Seele zu.'' schreibt
Ansgar Skoda am 16. Juni 2018 auf
KULTURA-EXTRA