Regie: Valentin Schwarz Premiere: 23. September 2018 Oper Köln
Zum Inhalt: Mauricio Kagel, der aus Argentinien gebürtige und ab Ende der 1950er-Jahre in Köln ansässige Komponist, war ein gewitzter Revolutionär des Musiktheaters, der sich bis zuletzt den › fremden Blick‹ bewahrte – ironisch, scharfsinnig, philosophisch bewandert, mit einem sensiblen Gespür für gesellschaftsrelevante Themen. Mit diesem begnadeten Dialektiker der Moderne, dessen Name sich wesentlich mit den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik und nicht zuletzt mit der Kölner Hochschule für Musik verbindet, wehte um die Zeit der 1968er-Bewegung eine frische, aufklärerische Brise in die traditionell besetzten, repertoire-verankerten Säle der großen ›Kulturbetriebs-Tanker‹ – jener Staatstheater und Opernhäuser, die er in seiner legendären szenischen Komposition »Staatstheater« dann auch schalkhaft zum Thema einer musiktheaterkritischen Auseinandersetzung machte. Ein unermüdlicher Erfinder, was die Entwicklung musikalischer Klangquellen und theatralisch-musikalischer Aktionen betraf, war Kagel für eben jenes Musiktheater des 20. Jahrhunderts, dem er den Begriff des ›instrumentalen Musiktheaters‹ hinzugewann, einer der einfalls- und einflussreichsten Köpfe.
Mit: Kai Wessel (Contratenor) und Miljenko Turk (Sprecher/Bariton) sowie Hilke Kluth und Fernande Meyer (als Zwei Schwestern)
Musikalische Leitung: Arnaud Arbet Inszenierung, Bühne und Video: Valentin Schwarz Kostüme: Astrid Eisenberger Licht: Nicol Hungsberg Dramaturgie: Tanja Fasching und Georg Kehren
''Das Zeitlose will sagen Zeitgemäße - und besonders aktuell wollte man sein, indem man beispielsweise Seehofers Provokationszitat über die Migration als "Mutter aller Probleme" ins Programmheft hiefte - war bereits am imposanten Bühnenaufbau durch Valentin Schwarz (zudem auch zuständig für Video & Regie) ablesbar: Zivilisationsmüll, angestrandet, noch und noch; hiemit behaus(t)en sich die angestammten Einheimischen.
Ein per Seilzug und auf einer Schiene fahrbares Podest mit den MusikerInnen Ulrike Schäfer, Alice Brie, Lena Schuhknecht, Yuka Otha, Saskia Kwast, Moritz Beck sowie dem Dirigenten Arnaud Arbet gerät von der Distanz zum Ort der Handlung allmählich zur mittelbaren Nähe bis dorthin. Und die Gesamtheit des von Kagel außerordentlich skurril "gecasteten" Instrumentariums, zu dem beispielsweise Strohhalme, Papierseite, Glasmurmel, Eisenkette, Paddel usw. usf. gehören, spricht für einen generellen Schabernack, einen unernsten Ernst, mit denen er beim augenzwinkernden Transport all seiner künstlerischen Absicht so verfuhr.
Das sicher Augenscheinlichste und auch Vergnüglichste bei all dem großartigen Ulk ist das auf Übertiteln nachverfolgbare Libretto Mare Nostrums - ein in einem kauderwelschigen Kunstdeutsch mit fremdsprachig anmutenden Versatzstücken kreierter Text (= besagtes Logbuch des Eroberers); der ist wahrscheinlich mit dem Sänger Turk vorher auf Band gesprochen worden und wird nunmehr in die Aufführung vom Off aus integriert. Auch O-Zitate mit der Stimme von Mauricio Kagel waren hörbar. Kurzweiliges Musealerlebnis.'' schreibt Andre Sokolowski am 25. September 2018 auf KULTURA-EXTRA