1911_KDL_HAM_300x250

 



Thalia Theater Hamburg
www.thalia-theater.de
Raboisen 67 - 20095 Hamburg
Telefon: 040 32814444
SPIELPLAN & KARTEN

Asche

Bewertung und Kritik zu

ASCHE 
von Elfriede Jelinek
Regie: Jette Steckel 
Premiere: 12. Januar 2025 
Thalia Theater Hamburg 

Zum Inhalt: „Für mich liegt der Hauptreiz des Theaters darin, subjektive Wahrheiten vergrößern zu können. Dass eben diese Wahrheiten die Hauptrolle spielen und nicht die rationale Gleichwertigkeit. Theater machen ist wie Träume teilen.“ Jette Steckel

In der Gaußstraße hat Jette Steckel – noch bevor sie dort zuletzt 2011 „Der Fremde“ von Camus inszenierte, der 70 Mal gespielt wurde – 2009 eine Adaption von Ilija Trojanows Roman „Die Welt ist groß und Rettung lauert überall“ auf die Bühne gebracht. Ein altes Plakat mit diesem Titel hängt dort noch immer in einem Gang. Jetzt kehrt Hausregisseurin Jette Steckel, die in den letzten Jahren am Thalia immer für die große Bühne inszeniert hat, noch einmal in die Gaußstraße zurück. Im Gepäck zum ersten Mal ein Stück von Elfriede Jelinek, deren Texte in unterschiedlichsten Regiehandschriften immer wieder den Weg auf die verschiedenen Bühnen des Thalia gefunden haben.

Jelineks jüngstes Werk „Asche“ ist ein zutiefst persönlicher Text über den Verlust des geliebten Weggefährten, über Trauer und Untröstlichkeit, über das Empfinden, der Welt abhanden zu kommen, wenn der eine Mensch nicht mehr da ist, „verzogen ins Nichts.“ Und was passiert, wenn uns obendrein die Welt, unser Planet abhandenkommt? Das hatte doch einmal so schön angefangen mit der Schöpfung. Die Schönheit der Natur! Und plötzlich ist sie so grausam. „Was waren wir doch für böse Gäste! Nimmer hielten wir Ruh, nimmer hielten wir Rast!“. Die Erde bröckelt schon und an den Rändern ist der Saum runtergetreten. Eine Parallelerde, auf die man hinüberhüpfen könnte, ist nicht in Sicht.

2 Bewertungen

3.5 von 5 Sterne
  • 5 Stern(e)
    0
  • 4 Stern(e)
    1
  • 3 Stern(e)
    1
  • 2 Stern(e)
    0
  • 1 Stern(e)
    0
Der Welt abhanden gekommen - II
2 Monate her.
Kritik

''Steckel konfrontiert Jelineks zivilisationskritische Haltung, die gerade für junge Menschen bitter ist, mit auftretenden Jugendlichen vom Zirkus Zartinka, die etwa Radschläge, Jonglage oder an Schwebereifen Akrobatik vorführen. So konfrontiert sie den von vier Akteuren (Barbara Nüsse, Franziska Hartmann, Björn Meyer, Jirka Zett) nachdenklich und in wechselnden Stimmungen deklamierten Text durch Störmomente mit einer Reibungsfläche. Der runde Bühnenboden, um den die Zuschauer platziert sind, dreht sich in der Hamburger Inszenierung fortwährend. Ein schönes Bild für Jelineks Kreislauf-Metapher vom Verfall des eigenen Körpers. Es stellt sich auch ein Schwindelgefühl ein, wenn die Zuschauer die Darsteller stets am Bühnenrand entlang wandern sehen, diese jedoch nicht wirklich vorwärts kommen. Der Verlust einer Welt, die der Mensch nicht nur zum Guten verformt hat, wird vom Ende her betrachtet.

Der Text scheint mitunter nicht aufgeteilt, es gibt chorische Stellen, und es wird gejamt. Die Regisseurin hat Jelineks Text etwa um ein Viertel gekürzt. Die jungen Artisten setzen einen Kontrapunkt zu den oft betrüblichen Wortkaskaden. Sie provozieren beim Publikum einen Wahrnehmungswechsel, indem sie plötzlich, durcheinander laufend, sogenannte platonische Körper wie Schaumstoff-Quadrate und Dreiecke über die Bühne werfen. Während sich die Figuren mit ihren Haltungen zu erlittenen Verlusten zu vergaloppieren scheinen, vollführen die Artisten mit ihren Körpern frei schwebend Höhenflüge. Eine Artistin präsentiert sich auch mal mit stolzem Geweih als Hirsch.

Bald wird in die Mitte der Grünfläche ein Kreuz platziert. Die Figuren versammeln sich nachdenklich um das Kreuz herum und führen ihre Sinnsuche fort. Während einsetzende Live-Musik von Matthias Jakisic den Textvortrag unterbricht, nutzen die Artisten das Kreuz als Stange für Turnübungen. Das Drama endet schließlich mit versöhnlichen Bildern. Zu Loop-fähigen Klängen von The Look von Metronomy gehen Figuren und Artisten als in sich geschlossenen Gemeinschaft hintereinander. Sie platzieren behutsam jeweils nacheinander handtellergroße Spiegelkugeln auf dem Bühnenboden. Ein schönes Schlussbild für das Abgeben von etwas Positivem in die Welt.'' schreibt Ansgar Skoda am 1. Juli 2025 auf KULTURA-EXTRA

Show more
0 von 0 Person(en) gefiel diese Kritik
Melancholisch-traurige Nebel-Wanderung zu Jelinek-Text
3 Monate her.
Kritik

Aufschlussreich ist ein direkter Vergleich der beiden so gegensätzlichen "Asche"-Inszenierungen. Falk Richter spielt das Münchner Publikum mit einem hektischen Bildergewitter schwindlig, beballert den Jelinek-Text atem- und pausenlos. In Hamburg schreitet das vierköpfige Ensemble (Franziska Hartmann, Björn Meyer, Barbara Nüsse, Jirka Zett) zu Klängen von Gustav Mahler schier endlos im Kreis. Hinter düsteren Nebelschwaden sprechen sie den Text, der vom Verlust von Jelineks Mann und der Sorge um die Zerstörung der Lebensgrundlagen handelt. Die Melancholie dieses Textes, die Trauer um das bereits unwiederbringlich Verlorene und um das im Verschwinden Begriffene, kommen in Jette Steckels ruhig dahinfließender Inszenierung mit vielen stillen Momenten besser zur Geltung als in Richters Video-Overkill.

Ungewöhnlich an dieser Inszenierung ist der Einsatz von acht jungen Artist*innen vom Hamburger Kinderzirkus Zartinka, darunter die Tochter Frida von Jette Steckel und Hans Löw. Über weite Strecken sind ihre kunstfertigen Übungen zwar schön anzusehen, haben aber zu wenig erkennbaren Bezug zum Text und Schauspiel-Quartett. Erst im Schlussbild finden die verschiedenen Stilmittel und Erzählstränge in einer beeindruckenden Jonglage mit Leuchtkugeln beeindruckend zusammen und kommt der 100minütige Abend in der prägenden Lichtregie von Tilman Cassens zur harmonischen Ruhe.

Weiterlesen

Show more
0 von 0 Person(en) gefiel diese Kritik

PDF-Datei: 29,95 € 23,95 €


Weitere Formate auf Amazon & Play:
Taschenbuch / Kindle: 39,95 €
Google eBook: 29,95 €


UNSERE BÜCHER ALS PDF-DATEI


AUSWAHL


WIR EMPFEHLEN

1911_KDL_HAM_300x250


AUF DER BÜHNE © 2025