Zum Inhalt: Alles scheint in elektrisches Licht getaucht. Fürst Myschkin, ein im höchsten Grade origineller Mensch, überrascht seine Umgebung mit seiner unkonventionellen Art, die Welt zu betrachten. Gerade aus einem Schweizer Sanatorium entlassen, kommt er mit dem Kaufmann Rogoschin ins Gespräch, der ihm von seiner qualvollen Leidenschaft für Nastassja erzählt. Später begegnet Fürst Myschkin dieser schönen Frau, die alle Welt verrückt macht - und will sie heiraten. Es ist der Sturz in einen dunklen Tunnel und in helle Verzweiflung voll Liebe und Hass, epileptischen Anfällen und Intrigen ohne Ende.
Mit Jens Harzer (Fürst Myschkin), Felix Knopp (Parfjon Rogoschin), Marina Galic (Nastassja Filippowna Baraschkowa), Christiane Von Poelnitz (Generalin Lisaweta Prokofjewna Jepantschina), Maja Schöne (Aglaja Jepantschina), Falk Rockstroh (Ardalion Alexandrowitsch Iwolgin, General A. D.), Steffen Siegmund (Gawrila "Ganja" Ardalionowitsch Iwolgin, Sein Sohn), Stefan Stern (Lukjan Timofejewitsch Lebedjew, Beamter), Ole Lagerpusch (Ippolit Terentjew)
Regie: Johan Simons Bühne: Johannes Schütz Kostüme: Greta Goiris Dramaturgie: Matthias Günther Licht: Jan Haas Live-musik: Per Rundberg, Olena Kushpler
Schon das nicht vorhandende Dekors signalisiert: dieser Abend ist mehr protestantische Text-Arbeit und Anstrengung als sinnlicher Genuss. Im Zentrum stehen die Figuren und ihr sich mehr als vier Stunden entfaltendes, recht unübersichtliches Beziehungsgeflecht. Wie aus früheren Abenden von Jürgen Gosch und Johann Simons gewohnt, bleibt auch diesmal das komplette Ensemble die gesamte Zeit über am Rand der Schütz-Bühne präsent. Ein Markenzeichen dieser Arbeiten mit hohem Wiedererkennungswert, das aber im Lauf der Jahre und Jahrzehnte zum manierierten Selbstzitat zu werden droht.
Sanft und elegisch plätschert das klassische Literatur-Theater vor sich hin. Dem Sitznachbarn fallen schon vor der Pause mehrfach die Augen zu, immer wieder schreckt er kurz hoch, wenn die Live-Musik-Begleitung (Per Rundberg, Olena Kushpler) dringlicher und dissonanter wird.
Der Abend gleitet in erwartbaren Bahnen vor sich hin und unterscheidet sich fundamental von Sebastian Hartmanns „Idiot“-Adaption, die vor wenigen Wochen zwei Bahn-Stunden weiter südöstlich am Deutschen Theater Berlin Premiere hatte. Die beiden Inszenierungen der prominenten Regisseure stehen für sehr unterschiedliche Handschriften: hier das Hochamt, das sich viele Pausen gönnt und tastend an den Text annähert, dort das Zertrümmern, das mit schwerem Gerät Schneisen durch das Text-Bollwerk zu schlagen versucht, assoziativ, überfordernd, grell und laut. Gemeinsam ist beiden Abenden, dass sie sich in den Slapstick retten, wenn sie nicht mehr weiter zu wissen zu scheinen, wie sie den Dostojewski in den Griff bekommen sollen.
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