Bewertung und Kritik zu
IM STEIN
von Sara Glojnarić und Clemens Meyer
Regie: Michael v. zur Mühlen
Online-Premiere: 30. Juni 2021
Oper Halle
Zum Inhalt: Eden-City – mehr Hölle als Paradies. Ein untergetauchtes Mädchen, selbstbewusst ihre Lage analysierende Prostituierte, Freier, ein alternder Karl Marx lesender Zuhälter, kleine und große Kriminelle – sie alle stolpern durch das Labyrinth ihrer Umwelt und Sehnsüchte, immer auf der Suche nach dem guten Leben, einem Stück Gewinn vom großen Geld und Erlösung ihrer Seelen. In soghafter, schwindelerregender Sprache führt Clemens Meyer in seinem monumentalen Roman Im Stein in schmutzige Hinterzimmer, nächtliche Straßen, Abgründe und Seelen der Menschen einer fiktiven Großstadt. Der Roman brachte dem aus Halle stammenden und in Leipzig lebenden Autor den endgültigen Durchbruch als einen der international bedeutenden Schriftsteller unserer Zeit. Poetisch fremd und realistisch zugleich ist Im Stein eine Geschichte (ost)deutscher Verhältnisse des Hier und Jetzt – und führt gleichzeitig, mythologische Erzählungen des kollektiven Bewusstseins verschränkend, virtuos zu grundlegenden Fragen der globalisierten Gegenwart. Von der realen Aufdeckung eines kinderpornografischen Rings in Leipzig Anfang der 90er Jahre ausgehend, findet der Roman eine intensive Sprache für das Intimste und im bürgerlichen Verständnis vermeintlich Unveräußerliche: Liebe, Erotik und (käufliche) Sexualität. Gezeichnet wird ein epochales Porträt einer urbanen Gesellschaft nach dem Scheitern der großen Utopien.