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Theater Bonn
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Kohlhaas (can’t get no satisfaction)

Bewertung und Kritik zu

KOHLHAAS (CAN’T GET NO SATISFACTION)
eine Maßlosigkeit von Kleist, David & Ensemble
Regie: Rebekka David 
Premiere: 14. Februar 2025 
Theater Bonn

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Zum Inhalt: Ich halt’s nicht mehr aus. Wirklich, mir reicht’s, mir platzt gleich der Kragen. Mir steht’s bis hier. Wenn ich jetzt auf einen nichtswürdigen Dickwanst träfe, der nicht bei drei auf dem Baum ist, würde ich ihn in den Kot werfen und den Fuß auf sein kupfernes Antlitz setzen. Ich würde ihm so dermaßen die Fresse polieren, ihn zu Kleinholz drechseln, zu Mus stampfen, die Arme abreißen, damit Schlagzeug spielen und ihm dabei ordentlich die Flötentöne beibringen - wenn ich wöllte, könnte ich.... Aber das mache ich natürlich nicht. Mein Rechtsgefühl gleicht einer Goldwaage. Und auch wenn es mich in meinem Zeigefinger juckt, für die gebrechliche Einrichtung der Welt eine konkrete Person verantwortlich zu machen und mir durch physische Rache Genugtuung an ihr zu verschaffen, tue ich das natürlich nicht. Ich schätze die Errungenschaften der Zivilisation. Aber ich habe Unrecht erfahren und ich muss mich dazu verhalten. Also klebe ich mich auf die Straße. Nein, Spaß, ich unterschreibe einfach eine Petition. Nein, Spaß, ich stelle mich mit der Mistgabel an eine Fähre und schaue, ob sich der Politiker runter traut. Nein, Spaß, ich schreibe einen wütenden langen Text im Feuilleton. Nein, Spaß, ich werde Instagram-Aktivistin. Nein, Spaß, ich werfe Molotowcocktails und entführe den Arbeitgeberpräsidenten. Nein, Spaß, ich mache ein Theaterstück zum Thema und kann dann endlich wieder ruhig schlafen, denn ich habe mich ja öffentlich zum Unrecht verhalten. Oder nicht?

Der Pferdehändler Kohlhaas ist wütend. Ein dreister Junker profiliert sich durch erfundene Vorschriften, nimmt ihm zwei quietschfidele Rappen zum Pfand ab, richtet sie zugrunde und misshandelt seinen braven Knecht. Das kann er nicht auf sich sitzen lassen und begibt sich auf seinem Rachefeldzug in eine Gewaltspirale erschreckenden Ausmaßes. Wo wäre der Punkt gewesen, sich zufrieden zu geben? Welche Form von Protest ist Zeichen einer lebendigen Demokratie und an welchem Punkt sind die Folgen des Protestes schlimmer, als das Unrecht, das sie zu bekämpfen suchen? Wieviele Unbeteiligte dürfen Schaden nehmen, was in Mitleidenschaft gezogen werden, um ein Zeichen zu setzen? Und wann dürfen wiederum die Kosten keine Rolle spielen, weil das unangefochtene Unrecht den Grundstein für Schlimmeres legt? Und wie verdammt nochmal sollen wir es finden, das richtige Maß? Das sind Fragen, die wir tagtäglich miteinander aushandeln.

Regie: Rebekka David
Musik: Camill Jammal
Bühne: Robin Metzer
Kostüme: Florian Kiehl
Licht: Ansgar Evers
Dramaturgie: Nadja Groß
Mit: Jacob Z. Eckstein, Karolina Horster, Janko Kahle, Birte Schrein und Daniel Stock

4.0 von 5 Sterne
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Ordnungunordnung
2 Monate her.
Kritik

''Rebekka David erweitert Kleists Vorlage auch um aktuelle Verweise. Es gibt eindrückliche Andeutungen auf Trump und den versuchten Anschlag auf ihn. Auch auf die AfD und die politische Stimmung, nicht nur in Sachsen, wird angespielt. Sogar ein Verweis auf die Hundekot-Attacke eines Ballettdirektors an einer Journalistin lässt sich in der Aufführung ausmachen. Die Figuren ahnen, dass soziale Ungerechtigkeit zunehmend auch zu gesellschaftlicher Spaltung führt. Wortreich vergleichen die Figuren die Gesellschaft mit dem Gewebe eines Teppichs, in dem es mitunter fette oder eben auch abgerissene Fäden gibt.

Leider hält die Inszenierung ihr Tempo nicht durch, und es gibt kleine Schwächen und Längen zum Ende hin. Der von Kleists Kohlhaas tief beeindruckte Kafka bemängelte einst in einem Brief an Felice Bauer das Ende der Novelle als schwächer und „grob hinuntergeschrieben“. Auch am Bonner Theater schwächeln die Monologe zum Ende hin. Die Figuren tragen dann zum Großteil Pferdeköpfe. Sie sprechen nicht mehr, häufen verteilt liegende Bühnenrequisiten übereinander. Später blicken sie wie gebannt hoch zur links platzierten Pferdeskulptur. Die Augen des Rappen leuchten gespenstisch in unterschiedlichen Farbgebungen. Es wird ausgeharrt, die Hoffnung auf eine sinnstiftende Zukunft wird enttäuscht.'' schreibt Ansgar Skoda am 22. Februar 2025 auf KULTURA-EXTRA

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