„Komm aus'm Club, war schön gewesen
Stinke nach Suff, bin kaputt, ist 'n schönes Leben
Steig' über Schnapsleichen, die auf meinem Weg verwesen
Ich seh die Ratten sich satt fressen im Schatten der Dönerläden
Stapf' durch die Kotze am Kotti, Junks sind benebelt
Atzen rotzen in die Gegend, benehmen sich daneben
Szeneschnösel auf verzweifelter Suche nach der Szene [...]“
(„Schwarz zu Blau“ von Peter Fox)
In seinem Erfolgsalbum „Stadtaffe“ aus dem Jahr 2008 singt Peter Fox u.a. über den Nachhauseweg eines Partybesuchers und dessen Wahrnehmungen in Berlin bei Nacht.
John von Düffel und Fabian Gerhardt haben aus diesem Album ein besonderes Musical gemacht.
Am Samstag, den 30. Juni 2018, gingen auch wir auf den Trip in der Neuköllner Oper, Europas produktivstem Musiktheater.
Doch wovon handelt „Affe“?: Die Hauptfigur F. hat im Berliner Nachtleben wild gefeiert und befindet sich nun auf dem Weg nach Hause...
Aber am darauffolgenden Tag wacht F. in der Notaufnahme eines Krankenhauses auf und kann sich an nichts mehr erinnern, weder an seinen Namen, noch an seinen Beziehungsstand. Zu allem Überfluss hat er auch seinen Ausweis und sein Handy verloren.
Im Krankenhaus, bei einer Art Entzug, kommen lückenhafte Erinnerungen zurück: an den Streit mit seiner Freundin Lea, seiner großen Liebe, und an seinen Freund Zaza, der an einer Überdosis gestorben ist, um F. vor einer eigenen Überdosis zu retten.
Doch was ist Realität und was ist nur Einbildung? Sind der verrückte Bettler und der sadistische Affenkönig echt oder Fantasiegestalten eines unter Drogen stehenden Feiernden?
Die Geschichte von „Affe“ steht für sich und wird doch auch von der wundervollen Musik von Peter Fox getragen. Fred Sauer schafft es auf eine sehr beeindruckende Art und Weise, die Musik in das Bühnengeschehen zu integrieren. Die Handlung und die Musik ergeben eine authentische Symbiose. Die Songs von Peter Fox - „Stadtaffe“, „Schwarz zu Blau“, „Das Biest“, „Kopf verloren“, „Das zweite Gesicht“ -, deren Texte nicht verändert wurden, werden von den sechs Darstellern live gesungen und der Band (Sarah Piotrowsky an der Violine, Winnie Kuebart an der Viola, Ladis Cinzek am Violoncello, Helge Marx am Bass, Tim Kroker am Schlagzeug und Fred Sauer am Keyboard) live gespielt und passen perfekt zu den einzelnen Szenen.
Neben der Musik und der Geschichte sorgten auch die Schauspieler dafür, dass ich einen hervorragenden Abend hatte, allen voran der Hauptdarsteller Sven Scheele, der sehr überzeugend die Hauptfigur F. spielt. Man fühlt mit F., wenn er sich in Berlins Nachtleben als unbesiegbar fühlt, wenn er sich mit seiner Freundin streitet und wenn er sich danach an nichts mehr erinnern kann. Sven Scheele zeigt schauspielerisch auch die Nebenwirkungen einer wilden Drogennacht: Gedächtnisverlust begleitet vom unkontrollierten Zittern und Zucken.
Doch der gesamte Cast (Lea Isabel Schaaf, Jochen Weichenthal, Armin Wahedi, Achan Malonda, Rubini Zöllner) begeisterte mich an dem gestrigen Abend in den unterschiedlichsten Rollen (Krankenschwester, Bettler, bester Freund etc.). Die Darsteller sind Schauspieler, Sänger, Tänzer und das alles gleichzeitig. Die 90 Minuten ohne Pause gingen daher leider zu schnell vorbei.
Mein Fazit: Das Musical bzw. Musiktheaterstück „Affe“ in der Neuköllner Oper ist elektrisierend, da der Zuschauer die Höhepunkte und Abstürze einer ausgelassenen Partynacht erlebt. Der Cast, die Musik und die Geschichte – alles ergibt ein künstlerisches Gesamtkunstwerk auf der Bühne. Am Ende stand das ganze Publikum und schüttelte begeistert seinen Speck. Die Partynacht war auch für uns zu schnell vorbei, jedoch für uns mit sehr vielen schönen Erinnerungen.
Bis zum 18. Juli 2018 läuft „Affe“ noch in der Neuköllner Oper.
© E. Günther ("Mein Event-Tipp")