Zum Inhalt: Eine blutige Tragödie über politische Demagogie und die Verführung der Massen: Hans Werner Henzes The Bassarids erzählen vom urmenschlichen Konflikt zwischen Trieb und Vernunft, zwischen lustvollem Exzess und rationaler Kontrolle. Nach ihrem Erfolg mit Schönbergs Moses und Aron nehmen sich Vladimir Jurowski und Barrie Kosky nun eines in Monumentalität und Archaik ebenbürtigen Werkes an.
Der junge Pentheus hat die Herrschaft in Theben übernommen. Doch ein Fremder unterwandert die Autorität des Königs, indem er zu Ehren des Gottes Dionysos das Volk zu rauschhaften Feiern, zur Hingabe an Vergnügen und Lust verführt. Immer mehr Menschen schließen sich ihm an, darunter sogar Pentheus’ Mutter Agaue. Vergeblich versucht der König, sich der Macht der Triebe mithilfe der Vernunft entgegenzustellen. Schließlich will er sich ein eigenes Bild machen und mischt sich – als Frau verkleidet – unter die Menge. Im Exzess einer nächtlichen Orgie wird er brutal von der eigenen Mutter getötet, die ihn für ein wildes Tier hält. Erst am nächsten Morgen begreift sie, dass sie den Kopf ihres Sohnes in den Armen hält. Der Fremde aber gibt sich allen als Gott Dionysos zu erkennen und fordert bedingungslose Anbetung.
Musikalische Leitung: Vladimir Jurowski Inszenierung: Barrie Kosky Choreographie: Otto Pichler Bühnenbild und Kostüme: Katrin Lea Tag Dramaturgie: Ulrich Lenz Chöre: David Cavelius Licht: Franck Evin
Schon die Schwere der Vorlage sorgt dafür, dass die neueste Inszenierung des Komische Oper-Intendanten Barrie Kosky weit von der perlenden Musical-Leichtigkeit und Operetten-Seligkeit seiner Publikumshits wie der „West Side Story“ oder „Perlen der Cleopatra“ entfernt ist. Aber dass dieser Abend so bedrückend und in den ersten anderthalb Stunden ungewohnt zäh wirkt, liegt auch daran, dass Kosky die Henze-Oper sehr statisch inszeniert. Teile des Orchesters und der Chor sind auf der Bühne angeordnet, die wie eine Mischung aus Revue-Showtreppe und griechischem Amphitheater wirkt. Die handelnden Personen sind ganz nach vorne an die Rampe gedrängt und haben kaum Raum zu theatraler Entfaltung.
Erst in der letzten Stunde kommt etwas Leben in die Veranstaltung: in einer seiner typischen Choreographien lässt Otto Pichler seine Tänzer*innen kurz andeuten, wie sie sich in einen Rausch hineinsteigern. Es bleibt aber wie gesagt bei einer Andeutung. Bemerkenswert ist, dass gerade die Inszenierung, in der das dionysische Prinzip eine tragende Rolle spielt, zu den am wenigsten dionysischen Abenden in der Ära Kosky an der Komischen Oper gehört.
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Das Orchester taugt zum eigentlichen Protagonisten
5 Jahre her.
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Kritik
'' Ein paar Stars könnten der Aufführung gewiss nicht schaden. Immerhin hat man drei Darsteller aus der Salzburger Produktion von 2018 übernommen (damals inszeniert von Krzysztof Warlikowski). Darunter den als Dionysos sehr exotisch und erotisch besetzten, indisch anmutenden Sean Panikkar. Auch die Agaue (Tanja Ariane Baumgartner) war schon in Salzburg mit dabei. Vom Haus sehr gut, wie immer: Günter Papendell (als Sohn Pentheus). Vor allem ist es der große Abend von Vladimir Jurowski. Dem Orchester – so groß dimensioniert, dass die Bläser auf der Bühne sitzen und das Schlagwerk bis in die Ränge reicht – entlockt er so viel Weichheit, zugleich rhythmische Präzision, dass es zum eigentlichen Protagonisten taugt. Ich benutze ungern das schlechtgelaunte Wort "verdienstvoll". Trotzdem möchte man gern mehr hören von diesem Komponisten. (Warum nicht "Der junge Lord"?). Der 2 ½-Stünder haut einem erstaunlich kathartisch die Beine weg.'' schreibt Kai Luehrs-Kaiser auf rbbKultur
''Das großartige Männerpaar Sean Panikkar & Günter Papendell (als Dionysus und Pentheus) führte uns der Kosky in geradezu unauseinandernehmbarer Verquicklichung stark sinnlich und mitunter fast liebkosend vor; auch stimmlich schenkten sich die Beiden nichts.
Ja und am Schluss - womit sich unser Eingangstext, in etwa jedenfalls, bestätigte - fing Tanja Ariane Baumgartner (= Agave) mit dem Riesenhackebeilchen an auf offner Bühne justament herum zu delirieren; und aus einer Plastiktüte zerrte sie zudem die menschenfleischfasernen Überreste ihres Sohnes vor - und alle rings um sie herum verwunderten sich über ihren so spontane Auftritt ziemlich sehr...
The Bassarids sind eine Monster-Oper! Und man sollte - nein, man MUSS - sie einmal wenigstens gesehen und gehört haben!! Angeblich war und ist sie auch ein Meilenstein der Musik des 20. Jahrhunderts. Mit weit über 200 Mitwirkenden übrigens. Jubel für Alle.'' schreibt Andre Sokolowski am 14. Oktober 2019 auf KULTURA-EXTRA