Zum Inhalt: Medeabietet einen Einblick auf die dunkelsten und marginalen zwischenmenschlichen Konstellationen: es ist nicht nur eine Tragödie einer Frau, sondern auch ein emanzipatorisches Experiment; sie ist nicht nur eine Heldin, Hexe oder Liebhaberin, angetrieben von irrationaler Leidenschaft – sondern auch Teil einer bestimmten sozialen Klasse und eine tragische Konsequenz der widersprüchlichen Politik. Die Rache von Medea fragt nach der Möglichkeit, ein anderes gesellschaftliches Universum zu schaffen.
Mit Nataša Matjašec Rošker, Branko Jordan, Miloš Battelino, Davor Herga, Maša Žilavec, Ivica Knez, Matija Stipanič, Mojca Simonič, Viktor Meglič
Gastspiel des Slowenischen Nationaltheaters Maribor
Nur eine Stunde kurz ist die feministische „Medea“-Meditation von Oliver Frljić, die er im Januar 2017 am Slowenische Nationaltheater Maribor inszenierte.
Ähnlich wie seine jüngste „Anna Karenina oder Arme Leute“-Klassiker-Adaption am Gorki Theater ist auch diese Aufführung über weite Strecken ungewohnt konservativ angelegt. Die Handlung, die sich bei Motiven der Euripides-Tragödie bedient, wurde aus der Antike in ein großbürgerliches Setting der Moderne verlegt. In edlen Roben sprechen die Spieler*innen distinguierte Dialoge, wie man sie aus dem klassischen Literaturtheater vergangener Jahrzehnte kennt. Wie in einer Lounge perlen sanfte Klavierklänge im Hintergrund, während sich Medea eine Zigarette anzündet und das Publikum zuqualmt.
Durchbrochen wird die Szenenfolge von den regelmäßigen Wutausbrüchen der Titelfigur, die kurz vor Schluss mit blutverschmiertem Mund allein auf der Bühne steht, während alle Männer dahingemetzelt sind. In einer der wenigen Szenen, die aus einem allzu beliebig dahinplätschernden Abend herausstechen, hat die Medea-Darstellerin alle männlichen Mitspieler in ihren schicken Anzügen zu hilflosen Puppen degradiert, denen sie alberne Pappkrönchen aufsetzt.
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