Bewertung und Kritik zu
MATTHÄUS-PASSION
von Johann Sebastian Bach
Choreographie: Benedikt von Peter
Premiere: 5. Mai 2023
Staatsballett in der Deutsche Oper Berlin
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Zum Inhalt: Für eine szenische Version der Matthäus-Passion interessiert Regisseur Benedikt von Peter die Frage nach der Bedeutung des Passionsgedankens für eine diverse Gesellschaft, in der die christliche Religion zunehmend an Relevanz verliert. Wie kann man heute das zentrale Passionsmotiv des Leidens verstehen? Wieviel Distanz entsteht bei einer Aufführung im säkularen Rahmen eines Opernhauses? Und welche Art von Gemeinschaft kann es geben?
Benedikt von Peter hat mit seinen Regiearbeiten in den letzten Jahren vor allem mit ungewöhnlichen Raumlösungen im Musiktheater auf sich aufmerksam gemacht und fokussiert in seinen Inszenierungen auf die jeweilige „Architektur eines Stückes“, die er aus der Komposition auf Bühne und Zuschauerraum zu übertragen sucht. Die schon von Bach doppelchörig angelegte Matthäus-Passion wird in diesem Sinne auf das gesamte Auditorium und die Hauptbühne ausgeweitet. Vier Orchester, mehrere Gruppen des Hauschores und Berliner Singvereine sind auf den gesamten Raum verteilt. Das Publikum sitzt sich gegenüber – im Zuschauerraum und auf einer Tribüne auf der Hauptbühne – und ist eingeladen, aktiv zu partizipieren und mitzusingen. Im säkularen Opernhaus wird so über eine performative Anordnung die Idee von Gemeinschaft als soziale Plastik erfahrbar. Inmitten dieser Gemeinde findet das szenische Spiel des Evangeliumstextes statt: Kinder und Jugendliche übernehmen die Narration und tragen die Darstellung von Schmerz, Leid und Tod – nah am Publikum und eingebettet in die musikalische Interpretation der Solist*innen. Die Zentralperspektive des Guckkastens wird so aufgehoben zugunsten eines gemeinsamen Rituals von Erwachsenen und Kindern, Laienchören und professionellen Künstler*innen mit je eigenen Perspektiven auf einen 2000 Jahre alten Text und dessen Wirkungsgeschichte.
Musikalische Leitung: Alessandro De Marchi
Inszenierung: Benedikt von Peter
Szenische Einstudierung: Ulrike Jühe
Bühne: Natascha von Steiger
Kostüme: Lene Schwind
Video: Bert Zander
Licht: Roland Edrich
Chöre: Jeremy Bines