Bewertung und Kritik zu
TANZ
Eine sylphidische Träumerei in Stunts
Choreografie: Florentina Holzinger
Premiere: 3. Oktober 2019
Tanzquartier Wien
Eingeladen zum 57. Berliner Theatertreffen (2020)
Zum Inhalt: Seit 2011 bereichert Florentina Holzinger die internationale Performanceszene mit schwindelerregender Akrobatik, muskulösen Frauenkörpern und Martial-Arts-Kampfszenen – popkulturelle Referenzen und ein Faible für Trash kommen dabei nicht zu kurz. Mit TANZ schließt Florentina Holzinger ihre Trilogie – Recovery und Apollon waren die ersten beiden Teile – über den Körper als Spektakel und dessen Disziplinierung ab. Den Rahmen von TANZ bildet eine Ballettklasse unter der Leitung von Beatrice Cordua, der ersten Ballerina, die Le sacre du printemps nackt tanzte (in John Neumeiers Bearbeitung Le Sacre, 1972). Die Performer*innen durchlaufen eine strenge Ausbildung in „Aktionsballett“, die sogenannten „Sylphic Studies“. In gemeinsamen Ritualen lernen sie, Körper und Geist zu beherrschen und eignen sich übernatürliche Kräfte wie das Fliegen an. Eine Suche nach Perfektion in einer vergänglichen Welt, bei der das Derbe in das Erhabene verwandelt wird. In einem opernhaften Setting entstehen brutale Parodien auf sensationslüsterne Bilder, wie man sie aus dem Ballett, aus Komödien und aus der Pornografie kennt. Das Blickregime findet Reflexion in der Figur eines Pornoproduzenten, der die Aufführung dokumentiert. Mit einem Cast bestehend aus Frauen im Alter von zwanzig bis achtzig Jahren, die alle einen unterschiedlichen Background im Tanz haben, wirft TANZ die Frage nach dem Erbe des Tanzes auf. Wie versöhnt man sich mit dem Schönheitskult dieser Tradition?