Bewertung und Kritik zu
IL TROVATORE
von Giuseppe Verdi
Regie: Paul-Georg Dittrich
Premiere: 9. Juni 2024
Staatsoper Stuttgart
Zum Inhalt: „Wenn man die Wirklichkeit nachbildet, kann etwas recht Gutes herauskommen“, schreibt Giuseppe Verdi über 20 Jahre nach der Uraufführung des Trovatore an seine gute Freundin, die Salonnière Clara Maffei: „Aber Wirklichkeit erfinden ist besser, weit besser.“ Man tut dem Komponisten sicher kein Unrecht, wenn man unterstellt, dass dieser Gedanke auch die zentrale künstlerische Idee des zwischen Rigoletto und La traviata entstandenen Il trovatore sei. Wie Rigoletto ist auch Il Trovatore ein Nachtstück: Alles wird von flackerndem Feuerschein erleuchtet. Man sieht nicht gut, man erkennt bloß vage. Verwechslungen allenthalben. „Wenn man die Wirklichkeit nachbildet, kommt etwas Gutes heraus, aber eine Photographie, kein Gemälde“, so Verdi weiter. Doch der Komponist will Gemälde, keine Photographie. Also unterteilt er seine Oper in Tableaus. Ihn interessiert die Zuspitzung, die Überhöhung, das Unfassbare, der Horror – und darin die glaubhafte Darstellung menschlicher Emotionen.
Eine Dramaturgie wie ein Verkehrsunfall: Aus den entferntesten Ecken und in den unmöglichsten Konstellationen lässt Verdi die Figuren aufeinander zuschießen, um dann seismographisch genau ihre Gefühlsregungen aufzuzeichnen – mit einer Musik, deren Schönheit nichts weniger als den absoluten Ausnahmezustand markiert, und deren Rhythmik keinen Zweifel daran lässt, dass hier kein Entkommen ist. Regisseur Paul-Georg Dittrich und sein Team nehmen den Tableau-Gedanken auf, stellen in Verdis Kolportage-Oper das Schlaglichthafte in den Mittelpunkt und versuchen gar nicht erst, die fatale Geschichte um die zwillingshaften Todfeinde Manrico und Luna als realistische Erzählung nachzubilden. Und das Debüt von Publikumsliebling Atalla Ayan als Manrico verspricht, der Faustregel des berühmten Tenors Enrico Caruso recht nahe zu kommen: „Um Il trovatore erfolgreich aufzuführen, braucht man lediglich die vier besten Sänger der Welt.“ Das ist alles, nichts weiter.
Musikalische Leitung Vlad Iftinca
Regie Paul-Georg Dittrich
Bühne Christof Hetzer
Kostüme Mona Ulrich
Choreografie Janine Grellscheid
Licht Alex Brok
Dramaturgie Ingo Gerlach
Chor Manuel Pujol
Kinderchor Bernhard Moncado