Bewertung und Kritik zu
L'ELISIR D'AMORE
von Gaetano Donizetti
Regie: Anika Rutkofsky
Premiere: 30. Oktober 2022
Staatsoper Stuttgart
Zum Inhalt: Die Liebe wirft den Landarbeiter Nemorino völlig aus der Bahn. Die von ihm angebetete Gutsbesitzerin Adina dagegen hält ihre Gefühle fest im Griff und gibt sich in Sachen Liebe wie auch Nemorino gegenüber vollkommen abgeklärt. Der selbsterklärte Wundertäter Dulcamara offeriert Nemorino einen Liebestrank, von dessen Einnahme sich dieser Adinas Zuneigung erhofft. Das begehrte Elixier ist zwar nur eine Flasche Bordeaux – doch ereignen sich mit seiner Einnahme wahre Wunder und erlebt vor allem Adina (ohne einen Tropfen davon zu trinken) unerwartete Gefühlsverwirrungen. Regisseurin Anika Rutkofsky erzählt in ihrer Inszenierung von der Wiederentdeckung von Phantasie und magischem Denken in einer entzauberten Welt. Und auf der Bühne glänzt das junge Sängerensemble der Staatsoper Stuttgart!
Wie für fast alles lassen sich auch für Liebesgefühle stichhaltige rationale Erklärungen finden. Am Ende sind sie vermutlich Resultat biochemischer Reaktionen, gefiltert durch menschliche Kulturtechniken. In L’elisir d’amore wirft die Liebe den Landarbeiter Nemorino völlig aus der Bahn. Die von ihm angebetete Gutsbesitzerin Adina konsumiert zwar regelmäßig romantisch aufgeladene Liebesgeschichten wie die von Tristan und Isolde, gibt sich ansonsten aber in Sachen Liebe wie auch Nemorino gegenüber vollkommen abgeklärt. Als unerwartet der Charismatiker Dulcamara auftaucht und so magisch anmutende wie praktikable Lösungen für alle seelischen und physischen Leiden verspricht, hat er auch den Liebestrank vorrätig, von dessen Einnahme sich Nemorino (in verdrehter Rezeption des Tristan-Mythos) Adinas Zuneigung erhofft. In Gaetano Donizettis Melodramma von 1832 – einer melodiegesättigten und theatralisch höchst wirkungsvollen Mixtur aus Komödie und romantischer Verklärung – ist der wundersame Trank eine Flasche Bordeaux, die zumindest Nemorinos Blockaden löst. Dennoch ereignen sich mit seiner Einnahme wahre Wunder und erlebt vor allem Adina (ohne einen Tropfen davon zu trinken) unerwartete Gefühlsverwirrungen. Die Regisseurin Anika Rutkofsky und ihr Team blicken in dieser Neuproduktion auf das Nebeneinander unserer rationalen und magischen Welterklärungen. Anhand von Adinas und Nemorinos Verwandlungen erzählen sie von der Wiederentdeckung von Phantasie und magischem Denken in einer entzauberten Welt. Das von Donizetti noch als idyllisches Genrebild gezeichnete Landleben wird dabei zu einer auf Effizienz und Monokultur bauenden Agrar-Produktionsstätte. Natur- wie Selbstbeherrschung sind hier perfektioniert. Mit Dulcamaras Ankunft – oder aber durch Nemorinos Liebesbereitschaft, wer weiß – werden jedoch in Menschen wie Pflanzen unvorhergesehene und zunehmend unkontrollierbare Prozesse freigesetzt.
Musikalische Leitung: Michele Spotti
Regie: Anika Rutkofsky
Bühne: Uta Gruber-Ballehr
Kostüme: Adrian Stapf
Licht: Bernd Purkrabek
Videoanimation_ Philipp Contag-Lada
Chor: Bernhard Moncado
Konzeptionelle Mitarbeit: Johanna Danhauser
Dramaturgie: Miron Hakenbeck