BRAND in «Brand»

    1. Akt

    Brand allein

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    (Brand wird oben auf dem Steig sichtbar, kommt ihn herab, bleibt aber mitten auf dem Wege an einem vorspringenden Felsstück stehen und blickt in die Tiefe nieder.)

    BRAND:

    Ja, ich kenn' mich wieder aus!
    Boots- um Bootsplatz, Haus um Haus,
    Bergrutschhügel, Birkenstände,
    Alter Kirche braun Gewände,
    Erlgebüsch zu Baches Seiten. –
    Alles wie vor alten Zeiten!
    Aber, glaub' ich, grauer doch,
    Enger jede Mauer noch;
    Und des Berges Schneedach hängt noch
    Tiefer auf den kleinen Ort,
    Schnitt dem armen Volk der Täler
    Seinen Himmelsteil noch schmäler,
    Drohet, lastet, schattet, – drängt noch,
    Stiehlt noch mehr der Sonne fort.
    (Setzt sich und sieht in die Ferne.)
    War der Fjord auch dazumal
    Schon so häßlich, eng und kahl?
    Wie der Regen fegt! Da fliegt
    Ein Raasegel breit zum Lande!
    Dort ans Grau der Felswand liegt –
    Hinter Boot und Steg im Sande –
    Rotbraun ein Gehöft geschmiegt;
    's ist der Witwe Hof am Strande.
    Alter Hof! Du sahst mich jung!
    Fülle der Erinnerung!
    Dort, am Strand voll nackter Steine,
    War mein Kinderherz alleine. –
    Über mir liegt's dumpf und klamm,
    Liegt's wie Last, in einem Stamm
    Heim zu sein, des Geist die Erde
    Suchte, statt, was aus uns werde.
    Was ich Herrliches gewollt,
    Nun wie ferner Donner rollt.
    Mut und Macht war nur Gebärde,
    Herz und Faust verzagt dem Stoß.
    Hab' ich mich mir selbst verloren,
    Zu viel Heimat aufbeschworen? –
    So erwacht gezähmt, geschoren,
    Simson in der Metze Schoß.
    (Blickt wieder hinab in die Tiefe.)
    Sieh, welch Leben und Begeben?
    Überall aus Tür und Tor
    Strömen Weiber, Männer vor.
    Zwischen Erd- und Felsenhängen
    Sieht man sich die Reihen drängen,
    Bald bergab und bald empor; –
    Und die Kirche scheint ihr Streben.
    (Steht auf.)
    O, wie Euch mein Blick durchdringt,
    Schlaffe Seelen, schlaffe Sinne!
    Eurem Vaterunser wohnt
    Ja nur so viel Willen inne,
    Ja nur so viel Ernst und Wahrheit,
    Daß zu dem, der droben thront,
    Mit des Klanges voller Klarheit
    Nur die vierte Bitte klingt.
    Die ist Eure Losung ja
    Nun geworden und geblieben.
    Als die einzige der sieben
    Allen Herzen eingeschrieben,
    Liegt sie nun, ein sturmvertrieben
    Wrack des ganzen Glaubens da.
    Fort! Es brütet wie der Fluch
    Dumpfer Grabluft auf Euch allen!
    Hier kann keiner Fahne Tuch
    Frei vor frischen Winden wallen.
    (Wendet sich zum Gehen; ein Stein fliegt von oben her und rollt den Steig herab, bis dicht vor seine Füße.)

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