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2. AKT
Alfred Loth und Helene
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LOTH: Mein Vater war Siedemeister, wir wohnten dicht an der Fabrik, unsere Fenster gingen auf den Fabrikhof. Da sah ich auch noch manches außerdem: Es war ein Arbeiter, der fünf Jahr in der Fabrik gearbeitet hatte. Er fing an, stark zu husten und abzumagern ... ich weiß, wie uns mein Vater bei Tisch erzählte: Burmeister – so hieß der Arbeiter – bekommt die Lungenschwindsucht, wenn er noch länger bei der Seifenfabrikation bleibt. Der Doktor hat es ihm gesagt. – Der Mann hatte acht Kinder, und ausgemergelt, wie er war, konnte er nirgends mehr Arbeit finden. Ermußte also in der Seifenfabrik bleiben, und der Prinzipal tat sich viel darauf zugute, daß er ihn beibehielt. Er kam sich unbedingt äußerst human vor. – Eines Nachmittags, im August, es war eine furchtbare Hitze, da quälte er sich mit einer Karre Kalk über den Fabrikhof. – Ich sah gerade aus dem Fenster, da merke ich, wie er stillsteht – wieder stillsteht, und schließlich schlägt er lang auf die Steine. – Ich lief hinzu. – mein Vater kam, andere Arbeiter kamen, aber er röchelte nur noch, und sein ganzer Mund war voll Blut. Ich half ihn ins Haus tragen. Ein Haufe kalkiger, nach allerhand Chemikalien stinkender Lumpen war er; bevor wir ihn im Hause hatten, war er schon gestorben.
HELENE: Ach, schrecklich ist das!
LOTH: Kaum acht Tage später zogen wir seine Frau aus dem Fluß, in den die verbrauchte Lauge unserer Fabrik abfloß. – Ja, Fräulein! wenn man dies alles kennt, wie ich es jetzt kenne – glauben Sie mir! –, dann läßt es einem keine Ruhe mehr. Ein einfaches Stückchen Seife, bei dem sich in der Welt sonst niemand etwas denkt, ja, ein paar reingewaschene, gepflegte Hände schon können einen in die bitterste Laune versetzen.