ANDROMACHE in «Die Troerinnen» I.

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    5. Auftritt

    Andromache, Hekuba und Chöre.

    Großer Aufzug. – Andromache auf einem Wagen, hochaufgetürmt mit Beutestücken. Sie hält an der Hand ihr Söhnlein. Griechische Söldner flankieren.

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    37818546 9783743731479 XlANDROMACHE:
    O Mutter, von so vielen Kindern Mutter!
    Ich schaudre in der tiefen Seele, – Mutter –
    Nenn ich dies wunderbare Wort der Erde.
    Sieh, nie geboren sein, ist es nicht tot sein,
    Und tot sein besser als in Schmerzen leben?!?
    Das Grab, die sanfte Stube, tut nicht weh.
    Doch wer einst stand im Schwall der Glücksgestirne
    Und Brot vom Tisch der Freude brach, und jetzt
    Verpestet muß im Tal des Jammers wandeln,
    Den hetzt die bittere Peitsche des Gedenkens.
    Polyxene ist hin und weiß von nichts,
    Ihr süßes Antlitz schwand wie unberührt
    Von des Würgengels ehernem Flügelschlag.
    Mir aber war beschieden großes Leben,
    Und allen Daseins hatt ich volles Maß,
    Den Scheitel meines Reichtums tauchte ich
    Ins Meer des Himmels, und das war mein Unglück.
    Wie schmückte ich mich doch in großem Hochmut
    Mit jeder Tugend, kränzte mich mit Sitte!
    Wo andre Frauen Lustbarkeit begingen,
    Wie häuslich blieb ich da und kühlen Stolzes!
    Müht ich mich einmal nur um Weiberrede
    Und wußte nicht den eignen Rat zu brauchen?
    Mein Gatte fand drum abends heitre Augen
    Und einen Mund voll Schweigens und voll Rede,
    Wo Rede nottat, Schweigen sich geziemte.
    Doch alle Tugend nenn ich nun Verderben,
    Und meine Reinheit rafft mich ins Verhaßte,
    Denn mich zum Weib nimmt des Peliden Sohn,
    Dem solcher Züchtigkeit die Kunde ward.
    In Angeln jauchzt das Tor des Mörderhauses,
    Wenn Hektors Weib die Schwelle überschreitet.
    Und ich? – Was soll ich tun? – Soll ich vergessen?
    Uneingedenk des teuern Heldenhauptes
    Zu Bette gehn und mich dem Andern öffnen?
    Treulosigkeit, weh mir, ich Ungetreue!
    Doch tu ich's nicht, so wartet mein die Peitsche,
    Und mit dem Fuß zertritt mein Herr den Trotz.
    Zwar sagen sie, daß eine Nacht genüge,
    In einer Frau aus Ekel Lust zu machen ...
    Doch ohne Maßen, Haß und Fluch dem Weibe,
    Das sich verwandelt und vergessen kann!
    Das dumpfe Tier, das niedre untertane,
    Ein junges Roß selbst, ans Gespann gewohnt,
    Nimmt man den Bruder ihm von seiner Seite,
    Wie bäumt sich's unterm Joch und wiehert schmerzlich!
    O Hektor, Hektor, Hektor, mein Gemahl,
    An Adel, Mut und Weisheit königlichster!
    Dein Angedenken – Sonne meines Elends!
    Wie könnte ich vergessen! Ja, du nahmst
    Mich rein aus Vaters Händen, reine Süße
    Der ersten Liebe gab ich dir und alles!
    Und nun ist's aus. – Das Schiff ist schon gerüstet,
    Die Segel sind vom raschen Wind beseelt,
    Der lustig unser Schicksal vor sich treibt,
    Und Sklaverei ist noch das Mildeste!
    Nun Mutter sprich, wer ist unseliger,
    Polyxene, die zart mit Schatten wallt?
    Ich bin es, Mutter, wie kein Mensch zuvor,
    Denn selbst das letzte, allerärmste Öl,
    Das Sterblichen die müde Flamme speist,
    Die Hoffnung nahmen mir die Götter. So
    Verging dem Herzen Kraft zu jedem Wahn,
    Der in der Blindnis letzten Jammers noch
    Den schmalen Strahl durchs Finstre flattern läßt.


     

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