ILSE in «Frühlings Erwachen»

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    2. Akt, 7. Szene

    Ilse und Moritz. 

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    ILSE: Man braucht dich nur anzusehn, Moritz! – Ich kenne keinen Katzenjammer. Vergangenen Karneval kam ich drei Tage und drei Nächte in kein Bett und nicht aus den Kleidern. Von der Redoute ins Café, mittags in Bellavista, abends Tingl-Tangl, nachts zur Redoute. Lena war dabei und die dicke Viola. – In der dritten Nacht fand mich Heinrich. [...] Er war über meinen Arm gestolpert. Ich lag bewußtlos im Straßenschnee. – Darauf kam ich zu ihm hin. Vierzehn Tage verließ ich seine Behausung nicht – eine greuliche Zeit! – Morgens mußte ich seinen persischen Schlafrock überwerfen und abends in schwarzem Pagenkostüm durchs Zimmer gehn; an Hals, an Knien und Ärmeln weiße Spitzenaufschläge. Täglich photographierte er mich in anderem Arrangement – einmal auf der Sofalehne als Ariadne, einmal als Leda, einmal als Ganymed, einmal auf allen vieren als weiblichen Nebuchod-Nosor. Dabei schwärmte er von Umbringen, von Erschießen, Selbstmord und Kohlendampf. Frühmorgens nahm er eine Pistole ins Bett, lud sie voll Spitzkugeln und setzte sie mir auf die Brust: Ein Zwinkern, so drück ich! – Oh, er hätte gedrückt, Moritz; er hätte gedrückt! – Dann nahm er das Dings in den Mund wie ein Pustrohr. Das wecke den Selbsterhaltungstrieb. Und dann – Brrrr – die Kugel wäre mir durchs Rückgrat gegangen. [...] Über dem Bett war ein Deckenspiegel im Plafond eingelassen. Das Kabinett schien turmhoch und hell wie ein Opernhaus. Man sah sich leibhaftig vom Himmel herunterhängen. Grauenvoll habe ich die Nächte geträumt. – Gott, o Gott, wenn es erst wieder Tag würde! – Gute Nacht, Ilse. Wenn du schläfst, bist du zum Morden schön! [...] Wie er eines Tages Absynth holt, werfe ich den Mantel um und schleiche mich auf die Straße. Der Fasching war aus; die Polizei fängt mich ab; was ich in Mannskleidern wolle? – Sie brachten mich zur Hauptwache. Da kamen Nohl, Fehrendorf, Padinsky, Spühler, Oikonomopulos, die ganze Priapia, und bürgten für mich. Im Fiaker transportierten sie mich auf Adolars Atelier. Seither bin ich der Horde treu. Fehrendorf ist ein Affe, Nohl ist ein Schwein, Bojokewitsch ein Uhu, Loison eine Hyäne, Oikonomopulos ein Kamel – darum lieb ich sie doch, einen wie den andern und möchte mich an sonst niemand hängen, und wenn die Welt voll Erzengel und Millionäre wär! [...] Komm bis an unser Haus mit! [...] Kuhwarme Ziegenmilch trinken! – Ich will dir Locken brennen und dir ein Glöcklein um den Hals hängen. – Wir haben auch noch ein Hü-Pferdchen, mit dem du spielen kannst. [...] Schlummre süß! ... Geht ihr wohl noch zum Wigwam hinunter, wo Melchi Gabor meinen Tomahawk begrub? – Brrr! Bis es an euch kommt, lieg ich im Kehricht. (Eilt davon.)

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