ELEKTRA in «Iphigenie in Delphi»

    3. Akt

    Elektra allein. 

    ELEKTRA: 
    Wie schrecklich ist es hier! Wie hallen hier
    furchtbar die Felsen! Stechend gleißt's in mir
    und, schien es, stürzte schreiend seinen Glanz
    in meines Sehens Sehen, das mir fast
    ertaubte. Unbegreiflich ist, o Loxias,
    das Grausen deiner Gottheit, schauerlich,
    mehr als die tückisch murrende, die Nacht
    der Styx und ihre wälzenden Gewässer.
    Erstarrt' im je vor Kälte so wie hier,
    sei's selbst im Eisesgräberhauch der Mordnacht?
    Und dennoch steh' ich ganz in Flammen, brenne! -
    würd' im zu Asche doch! - allein ich stehe
    in Flammenqual, die unverlöschlich ist
    vom Anbeginn der Welt. Wer bin ich wohl?
    Elektra, sagt man, Agamemnons Tochter,
    des TantalidenI Tantalide selbst,
    ein Ding verborgen schleppend, das ich bald
    küsse in Heimlichkeit, bald laut verfluche.
    Ich werf' es von mir, doch es kehrt zurück
    der blutbeschmierte Wegwurf jedesmal.
    Was ist es denn? Ein Beil I mit DoppelschneideI
    Doch jedem, der es anfaßt, sträubt vor Grausen
    Das Haar sich. So geschah's dem Greise, der
    Mühsam sich Reisig brach und dem ich's gab,
    damit es seine Mühe ihm erleichtre.
    Und nun: dort ist dein Altar, Loxias!
    Der Spalte Dunst
    verwirrt das schon Verwirrte. Herrscher du
    im heiligen Delphi, das Parnassos krönt!
    Ich biete mich dir an als Priesterin,
    allein im Wahnsinn sehend und allwissend! -
    Schenk mir noch mehr davon: Allwissenheit
    durch dich, betäube mich durch deinen Rauch
    und zeige mir die Morde dieser Erde,
    in der Entrückung deiner Gotteskraft,
    grell und erbarmungslos: nicht einer bleibe
    der Sterblichen, mir, fernerhin verhüllt!
    Zu schwer erträgt sich einer: gib mir mehr!
    Orest erschlug die Mutter mit dem Beil!
    Sie war auch meine, seine Mutter, war
    das Weib, in dessen Schoß er wurde und
    das ihn zur Welt gebar. Er schlug sie tot,
    schlug des zum Dank - und wenig fehlte, heißt's,
    daß die Geburt Orestens schon das Leben
    ihr nahm! - ihr mit der Axt ins Angesicht.
    Nimm hin das Beil, Apollon, denn er tat's
    auf dein Geheiß!
    Sie legt das Beil auf den unteren Altar
    Verfluchter Bruder! Oh,
    geliebter Bruder! Oh! Geliebt, verflucht!
    Verflucht, geliebt!

    PDF-Datei: 29,95 € 23,95 €


    Weitere Formate auf Amazon & Play:
    Taschenbuch / Kindle: 39,95 €
    Google eBook: 29,95 €


    UNSERE BÜCHER ALS PDF-DATEI


    AUSWAHL

    AUF DER BÜHNE © 2024