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4. Akt, 4. Auftritt
Mithridat und Monimia
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MITHRIDAT: Ha, Verrätherin, ziemt dir's,
Also zu reden? Bargst du nicht im Herzen
Schon jene treuvergeßne Liebe? Als
Ich dich zum Gipfel hoher Ehr' erhob,
Ersannst du mir den schwärzesten Verrath;
Du Undankbare, die du feindlicher
Mir als die Römer bist, vergissest du,
Von welch erhabnem Rang ich niederstieg,
Um zu dem Thron, an den du nie gewagt
Zu denken, dich emporzuheben? Sieh
In mir nicht den Besiegten, den Verfolgten,
Den Sieger sieh in mir, den jeder fürchtet;
Bedenk', als ich in Ephesus dich liebte,
Wie ich aus hundert Königstöchtern dich
Herausgewählt, wie manches Bündniß ich
Um dich verschmäht und wie viel Staaten ich
Zu Füßen dir gelegt! Wenn damals schon
Dich unbesiegbar eine andre Neigung
Erfüllt' und gegen mich erkältete,
Warum denn schwiegst du, eh' hierher du kamst,
Und schobst das traurige Geständniß auf,
Bis mir das Schicksal Alles raubte
Und ich mich überall verlassen sah,
Du mir allein als Trost und Hoffnung bliebst?
Und jetzt, wo ich die Schmach vergessen will,
Und vor mir jenes düstre Bild verberge,
Wagst du Vergangenes zurückzurufen
Und mich, den du beleidigt, anzuklagen?
Ich sehe, daß um den Verräther dich
Ein thöricht Hoffen noch verblendet. Götter,
Zu welcher Prüfung habt ihr mich verdammt!
Welch ein geheimer Zauber bannt in mir
Den Zorn, der rasch und streng zu strafen weiß?
Benutz' den Augenblick, den meine Liebe
Dir jetzt noch gönnt. Komm, ich befehle dir's
Zum letzten Mal. Dem frevelhaften Sohn
Zu Lieb' stürz' dich nicht unnütz in Gefahr.
Du wirst ihn niemals wiedersehn und ohne
Mit einer Neigung, welche mir du schuldest,
Dich noch zu schmücken, laß aus dem Gedächtniß
Ihn schwinden, wie er deinem Aug' entschwindet.
Und jetzt erkenne meine Güt' und sorge,
Daß du dich des Verzeihens würdig machst.