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3. Aufzug
Sigismund, Rosaura, Clotald, Basilius, Astolf und Soldaten
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SIGISMUND:
Sehr erlauchter Hof von Polen,
Der von solchen Wunderthaten
Hier zum Zeugen wird, merk' auf,
Was dein Fürst dir jetzo saget:
Die Verhängnisse des Himmels,
– Die einst auf azurne Tafeln
Gott mit seinem Finger schrieb,
Der zum Schreibmaterial
Sich erkor den blauen Aether,
Wo die goldnen Lettern prangen –
Täuschen nimmer, lügen nimmer;
Wer da lügt und täuscht, ist aber
Dieser, der, um Mißbrauchs willen,
Sie durchforscht und offenbaret.
Hier, mein Vater, den ihr sehet,
Machte, nur um sich zu wahren
Vor der Wildheit meines Wesens,
Mich zum Tier von Menschenansehn;
Dergestalt, daß, wenn ich gleich
Kraft der Reinheit meines Adels,
Kraft der Hoheit meines Blutes,
Kraft des Vorzugs meiner Gaben
Mild und sanft geboren ward,
Dennoch solcher Lebenswandel,
Solcherlei Erziehungsart
Gnügen müßt' ohn' alles andre,
Zu verwildern meine Sitten.
Schöner Weg' sie umzuschaffen!
Spräche man zu einem Menschen:
Eine wilde Bestie trachtet,
Dich zu töten; wär's ihm dienlich,
Sie vom Lager aufzujagen,
Falls er schlafend sie erblickte?
Spräche man: von diesem Stahle,
Den du trägst, wirst du den Tod
Einst empfahn; so wär's ein falsches
Vorsichtsmittel, ihn entblößen,
Um vor ihm sich zu bewahren,
Und sich auf die Brust ihn setzen.
Spräche man: des Meeres Wasser
Sind, als Monument von Silber,
Dir bestimmt zum feuchten Grabe;
Wär' es wahrlich übles Thun,
Dann sich auf das Meer zu wagen,
Wann es sich zu Schneegebirgen
Auftürmt, zu kristallnen Alpen.
Meinem Vater nun erging es
So wie dem, der aus dem Schlafe
Weckt das Untier, das ihm drohet;
So wie dem, der, vor dem Stahle
Zitternd, ihn entblößt; wie dem,
Der im Sturm aufregt die Wasser;
Und war meine Wildheit (hört mich!)
Solch ein reißend Tier im Schlafe,
Meine Wut eine ruhend Schwert,
Meeresstille mein Gewaltsinn:
Wohl, so beugt ja nie das Schicksal
Sich dem Unrecht und der Rache,
Denn sie reizen es nur mehr;
Und so, wer zu beugen trachtet
Sein Geschick, muß mit Verstand
Und mit Mäßigung verfahren.
Ehe die Gefahr erscheinet,
Kann sich schützen nicht, noch wahren,
Wer ihr vorbeugt; denn obwohl
Demut kann (klar ist die Sache)
Ihn beschützen, so geschieht's
Doch nur dann, wenn er im Falle
Der Gefahr ist, denn kein Mittel
Gibt's, um diese fern zu halten.
Beispiel sei euch dieses seltne
Schauspiel, dieser sonderbare
Staunensanblick, dieses Graun,
Dieses Wunder; denn von allem
Ist das Größte dies, zu sehn,
Trotz so großem Mühewalten,
Ueberwunden, mir zu Füßen,
Einen Vater und Monarchen.
Ja, ein Schluß des Himmels war's!
Wie er auch, ihn aufzuhalten,
Strebt', er konnt' es nicht. Und ich,
Der ihm weichen muß an Alter,
Wissenschaft und Geistesgröße,
Sollt' es können? – König, Vater,
Steh auf, reiche mir die Hand!
Da der Himmel von dem Wahne
Dich befreit, auf diese Weise
Ihn zu zwingen, so erwart' ich
Demutsvoll, daß du dich rächest;
Sieh mich dir zu Füßen fallen!