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1. Akt, 4. Szene
Wallenstein allein, mit sich selbst redend.
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WALLENSTEIN:
Wär's möglich? Könnt' ich nicht mehr, wie ich wollte?
Nicht mehr zurück, wie mir's beliebt? Ich müßte
Die That vollbringen, weil ich sie gedacht,
Nicht die Versuchung von mir wies – das Herz
Genährt mit diesem Traum, auf ungewisse
Erfüllung hin die Mittel mir gespart,
Die Wege bloß mir offen hab' gehalten? –
Beim großen Gott des Himmels! Es war nicht
Mein Ernst, beschloßne Sache war es nie.
In dem Gedanken bloß gefiel e mir;
Die Freiheit reizte mich und das Vermögen.
War's Unrecht, an dem Gaukelbilde mich
Der königlichen Hoffnung zu ergötzen?
Blieb in der Brust mir nicht der Wille frei,
Und sah ich nicht den guten Weg zur Seite,
Der mir die Rückkehr offen stets bewahrte?
Wohin denn seh' ich plötzlich mich geführt?
Bahnlos liegt's hinter mir, und eine Mauer
Aus meinen eignen Werken baut sich auf,
Die mir die Umkehr thürmend hemmt!
(Er bleibt tiefsinnig stehen.)
Strafbar erschein' ich, und ich kann die Schuld,
Wie ich's versuchen mag, nicht von mir wälzen;
Denn mich verklagt der Doppelsinn des Lebens,
Und – selbst der frommen Quelle reine That
Wird der Verdacht, schlimmdeutend, mir vergiften.
War ich, wofür ich gelte, der Verräther,
Ich hätte mir den guten Schein gespart,
Die Hülle hätt' ich dicht um mich gezogen,
Dem Unmuth Stimme nie geliehn. Der Unschuld,
Des unverführten Willens mir bewußt,
Gab ich der Laune Raum, der Leidenschaft –
Kühn war das Wort, weil es die That nicht war.
Jetzt werden sie, was planlos ist geschehn,
Weitsehend, planvoll mir zusammenknüpfen,
Und was der Zorn und was der frohe Muth
Mich sprechen ließ im Ueberfluß des Herzens,
Zu künstlichem Gewebe mir vereinen
Und eine Klage furchtbar draus bereiten,
Dagegen ich verstummen muß. So hab' ich
Mit eignem Netz verderblich mich umstrickt,
Und nur Gewaltthat kann es reißend lösen.
(Wiederum still stehend.)
Wie anders! da des Muthes freier Trieb
Zur kühnen That mich zog, die rauh gebietend
Die Noth jetzt, die Erhaltung von mir heischt.
Ernst ist der Anblick der Nothwendigkeit.
Nicht ohne Schauder greift des Menschen Hand
In des Geschicks geheimnißvolle Urne.
In meiner Brust war meine That noch mein;
Einmal entlassen aus dem sichern Winkel
Des Herzens, ihrem mütterlichen Boden,
Hinausgegeben in des Lebens Fremde,
Gehört sie jenen tück'schen Mächten an,
Die keines Menschen Kunst vertraulich macht.
(Er macht heftige Schritte durchs Zimmer, dann bleibt er wieder sinnend stehen.)
Und was ist dein Beginnen? Hast du dir's
Auch redlich selbst bekannt? Du willst die Macht,
Die ruhig, sicher thronende, erschüttern,
Die in verjährt geheiligtem Besitz,
In der Gewohnheit festgegründet ruht,
Die an der Völker frommem Kinderglauben
Mit tausend zähen Wurzeln sich befestigt.
Das wird kein Kampf der Kraft sein mit der Kraft,
Den fürcht' ich nicht. Mit jedem Gegner war' ich's,
Den ich kann sehen und ins Auge fassen,
Der, selbst voll Muth, auch mir den Muth entflammt.
Ein unsichtbarer Feind ist's, den ich fürchte,
Der in der Menschen Brust mir widersteht,
Durch feige Furcht allein mir fürchterlich –
Nicht, was lebendig, kraftvoll sich verkündigt,
Ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz
Gemeine ist's, das ewig Gestrige,
Was immer war und immer wiederkehrt
Und morgen gilt, weil's heute hat gegolten!
Denn aus Gemeinem ist der Mensch gemacht,
Und die Gewohnheit nennt er seine Amme.
Weh Dem, der an den würdig alten Hausrath
Ihm rührt, das theure Erbstück seiner Ahnen!
Das Jahr übt eine heiligende Kraft;
Was grau für Alter ist, das ist ihm göttlich.
Sei im Besitze, und du wohnst im Recht,
Und heilig wird's die Menge dir bewahren.
(Zu dem Pagen, der hereintritt.)
Der schwed'sche Oberst? Ist er's? Nun, er komme.
(Page geht. Wallenstein hat den Blick nachdenkend auf die Thüre geheftet.)
Noch ist sie rein – noch! Das Verbrechen kam
Nicht über diese Schwelle noch – So schmal ist
Die Grenze, die zwei Lebenspfade scheidet!