JULIA in «Zwei Herren aus Verona»

1. Aufzug, 2. Szene 

Julia allein.

Julia, welche über Lucettens Impertinenz endlich ungehalten wird, reißt ihr den Brief aus der Hand, zerreißt ihn in Stüke, und befiehlt ihr sich zu entfernen; Lucetta gehorcht, und sagt im Weggehen: was das für eine wunderliche Aufführung ist! und doch bin ich gewiß, daß ihr nichts angenehmere wäre, als noch einmal mit einem solchen Brief erzürnt zu werden.

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JULIA: Ich wollte lieber mit dem nehmlichen erzürnt werden! Verhaßte Hände, die so zärtliche Worte zerreissen konnten! Undankbare Wespen, die sich mit solchem Honig weiden, und die Bienen, die ihn hergaben, mit ihren Stacheln tödten! Zur Vergütung will ich jedes einzelne Stükchen Papier küssen – – Sieh! hier steht »gütige Julia«; – – ungütige Julia! Zur Straffe deiner Undankbarkeit werf' ich deinen Namen gegen diese Steine, und trete verächtlich deinen Übermut mit Füssen! – – Sieh! hier steht »der liebesverwundete Protheus« – – Armer, verwundeter Name! Mein Busen soll dein Bette seyn, bis deine Wunde völlig ausgeheilt ist; und dieser Kuß soll das Pflaster darauf seyn – – Aber Protheus kommt zu zwey oder drey verschiednen malen; sey ruhig, lieber Wind, wehe nicht ein Wort hinweg, bis ich jeden Buchstaben wieder aufgelesen habe, meinen eignen Namen ausgenommen; den mag irgend ein Wirbelwind an einen schrofen, fürchterlichen, herabhängenden Felsen schmettern, und von da in die tobende See werfen. Schau! hier in einer Zeile steht sein Name zweymal – – »Der arme unglükliche Protheus – – Der zärtliche Protheus, an die liebenswürdige Julia«; diß will ich wegreissen; doch nein, ich will nicht. Da er's so artig mit seinen traurigen Benennungen verbunden hat: So will ich sie übereinander falten, und nun küßt euch, umarmt euch, zankt euch, thut was ihr wollt.

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