FRAU BRIGITTE in «Der zerbrochene Krug»

11. Auftritt 

Frau Brigitte, Richter Adam, Frau Marthe, Ruprecht, Walter und weitere.

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FRAU BRIGITTE: 
Ihr Herrn, der Ruprecht, mein' ich, halt zu Gnaden,
Der wars wohl nicht. Denn da ich gestern nacht
Hinaus aufs Vorwerk geh, zu meiner Muhme,
Die schwer im Kindbett liegt, hört ich die Jungfer
Gedämpft, im Garten hinten, jemand schelten:
Wut scheint und Furcht die Stimme ihr zu rauben.
»Pfui, schäm Er sich, Er Niederträchtiger,
Was macht Er? Fort! Ich werd die Mutter rufen«;
Als ob die Spanier im Lande wären.
Drauf: Eve! durch den Zaun hin: Eve! ruf ich.
Was hast du? Was auch gibts? – Und still wird es:
Nun? Wirst du antworten? – »Was wollt Ihr, Muhme?«
Was hast du vor? frag ich. – »Was werd ich haben?«
Ist es der Ruprecht? – »Ei so ja, der Ruprecht.
Geht Euren Weg doch nur.« – So koch dir Tee.
Das liebt sich, denk ich, wie sich andre zanken.
[...] Da ich vom Vorwerk nun zurückekehre,
Zur Zeit der Mitternacht etwa, und just,
Im Lindengang, bei Marthens Garten bin,
Huscht Euch ein Kerl bei mir vorbei, kahlköpfig,
Mit einem Pferdefuß, und hinter ihm
Erstinkts wie Dampf von Pech und Haar und Schwefel.
Ich sprech ein Gottseibeiuns aus, und drehe
Entsetzensvoll mich um, und seh, mein Seel,
Die Glatz, Ihr Herren, im Verschwinden noch,
Wie faules Holz, den Lindengang durchleuchten.
[...] Da ich nun mit Erstaunen heut vernehme,
Was bei Frau Marthe Rull geschehn, und ich,
Den Krugzertrümmerer auszuspionieren,
Der mir zu Nacht begegnet' am Spalier,
Den Platz, wo er gesprungen, untersuche,
Find ich im Schnee, Ihr Herrn, Euch eine Spur –
Was find ich euch für eine Spur im Schnee?
Rechts fein und scharf und nett gekantet immer,
Ein ordentlicher Menschenfuß,
Und links unförmig grobhin eingetölpelt
Ein ungeheurer klotz'ger Pferdefuß.
[...] Bei meiner Treu!
Erst am Spalier, da, wo der Sprung geschehen,
Seht, einen weiten, schneezerwühlten Kreis,
Als ob sich eine Sau darin gewälzt;
Und Menschenfuß und Pferdefuß von hier,
Und Menschenfuß und Pferdefuß, und Menschenfuß und Pferdefuß,
Quer durch den Garten, bis in alle Welt.
[...] Wer einen Dachs sucht und die Fährt entdeckt,
Der Weidmann, triumphiert nicht so, als ich.
Herr Schreiber Licht, sag ich, denn eben seh ich,
Von Euch geschickt, den Würd'gen zu mir treten,
Herr Schreiber Licht, spart Eure Session,
Den Krugzertrümmrer judiziert Ihr nicht,
Der sitzt nicht schlechter Euch, als in der Hölle:
Hier ist die Spur, die er gegangen ist.
[...] Hierauf: Herr Schreiber Licht, sag ich, laßt uns
Die Spur ein wenig doch verfolgen, sehn,
Wohin der Teufel wohl entwischt mag sein.
»Gut«, sagt er, »Frau Brigitt, ein guter Einfall;
Vielleicht gehn wir uns nicht weit um,
Wenn wir zum Herrn Dorfrichter Adam gehn.«
[...] Zuerst jetzt finden wir
Jenseits des Gartens, in dem Lindengange,
Den Platz, wo, Schwefeldämpfe von sich lassend,
Der Teufel bei mir angeprellt: ein Kreis,
Wie scheu ein Hund etwa zur Seite weicht,
Wenn sich die Katze prustend vor ihm setzt.
[...] Vom Lindengange, ja,
Aufs Schulzenfeld, den Karpfenteich entlang,
Den Steg, quer übern Gottesacker dann,
Hier, sag ich, her, zum Herrn Dorfrichter Adam.


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