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2. Akt, 5. Auftritt
Phädra und Hippolyt
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PHÄDRA:
Grausamer, du verstandst mich nur zu gut.
Genug sagt' ich, die Augen dir zu öffnen.
So sei es denn! So lerne Phädra kennen
Und ihre ganze Raserei! Ich liebe.
Und denke ja nicht, daß ich dies Gefühl
Vor mir entschuld'ge und mir selbst vergebe,
Daß ich mit feiger Schonung gegen mich
Das Gift genährt, das mich wahnsinnig macht:
Dem ganzen Zorn der Himmlischen ein Ziel,
Hass' ich mich selbst noch mehr, als du mich hassest.
Zu Zeugen deß ruf' ich die Götter an,
Sie, die das Feuer in meiner Brust entzündet,
Das all den Meinen so verderblich war,
Die sich ein grausam Spiel damit gemacht,
Das schwache Herz der Sterblichen zu verführen.
Ruf' das Vergangne dir zurück! Dich fliehen
War mir zu wenig. Ich verbannte dich!
Gehässig, grausam wollt' ich dir erscheinen;
Dir desto mehr zu widerstehn, warb ich
Um deinen Haß – Was frommte mir's! Du haßtest
Mich desto mehr, ich – liebte dich nicht minder,
Und neue Reize nur gab dir dein Unglück.
In Gluth, in Thränen hab ich mich verzehrt;
Dies zeigte dir ein einz'ger Blick auf mich,
Wenn du den einz'gen Blick nur wolltest wagen.
– Was soll ich sagen? Dies Geständniß selbst,
Das schimpfliche, denkst du, ich that's mit Willen?
Die Sorge trieb mich her für meinen Sohn,
Für ihn wollt' ich dein Herz erflehn – Umsonst.
In meiner Liebe einzigem Gefühl
Konnt' ich von nichts dir reden als dir selbst.
Auf, räche dich und strafe diese Flamme,
Die dir ein Gräul ist! Reinige, befreie,
Des Helden werth, der dir das Leben gab,
Von einem schwarzen Ungeheuer die Erde!
Des Theseus Wittwe glüht für Hippolyt!
Nein, laß sie deiner Rache nicht entrinnen.
Hier treffe deine Hand, hier ist mein Herz!
Voll Ungeduld, den Frevel abzubüßen,
Schlägt es, ich fühl' es, deinem Arm entgegen.
Triff! Oder bin ich deines Streichs nicht werth,
Mißgönnt dein Haß mir diesen süßen Tod,
Entehrte deine Hand so schmählich Blut,
Leih mir dein Schwert, wenn du den Arm nicht willst.
Gib! (Entreißt ihm das Schwert.)