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1. Aufzug, 3. Szene
Helena und die Gräfin.
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HELENA: So bekenn ich
Hier auf den Knien vor Euch und Gott dem Herrn,
Daß ich vor Euch und nächst dem Herrn des
Himmels Ihn einzig liebe. Arm, doch tugendhaft
War mein Geschlecht, so ist mein Lieben auch.
Seid nicht erzürnt, es bringt ihm keine Kränkung,
Von mir geliebt zu sein. Nie offenbart' ich
Ein Zeichen ihm zudringlicher Bewerbung;
Ich wünsch ihn nicht, eh' ich ihn mir verdient,
Und ahne nicht, wie ich ihn je verdiente!
Ich weiß, ich lieb umsonst, streb ohne Hoffnung;
Und doch, in dies unhaltbar lockre Sieb
Gieß ich beständig meiner Liebe Flut,
Die nimmer doch erschöpft wird. Gleich dem Indier
Gläubig in frommem Wahne flehend, ruf ich
Die Sonne an, die auf den Beter schaut,
Ohne von ihm zu wissen. Teure Herrin,
Laßt Euren Haß nicht meine Liebe treffen,
Weil sie dasselbe liebt wie Ihr. Nein, habt Ihr
(Eu'r würdig Alter bürgt die lautre Jugend)
Jemals in solcher reinen Glut der Neigung
Treulich geliebt und keusch gehofft (daß Diana
Eins schien mit Eurer Lieb'), o dann hegt Mitleid
Für sie, die ohne Wahl und Hoffnung liebt,
Alles verlierend, stets von neuem gibt,
Nie zu besitzen hofft, wonach sie strebt,
Und rätselgleich in süßem Sterben lebt.