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Im Stein

Bewertung und Kritik zu

IM STEIN 
von Sara Glojnarić und Clemens Meyer
Regie: Michael v. zur Mühlen 
Online-Premiere: 30. Juni 2021 
Oper Halle 

Zum Inhalt: Eden-City – mehr Hölle als Paradies. Ein untergetauchtes Mädchen, selbstbewusst ihre Lage analysierende Prostituierte, Freier, ein alternder Karl Marx lesender Zuhälter, kleine und große Kriminelle – sie alle stolpern durch das Labyrinth ihrer Umwelt und Sehnsüchte, immer auf der Suche nach dem guten Leben, einem Stück Gewinn vom großen Geld und Erlösung ihrer Seelen. In soghafter, schwindelerregender Sprache führt Clemens Meyer in seinem monumentalen Roman Im Stein in schmutzige Hinterzimmer, nächtliche Straßen, Abgründe und Seelen der Menschen einer fiktiven Großstadt. Der Roman brachte dem aus Halle stammenden und in Leipzig lebenden Autor den endgültigen Durchbruch als einen der international bedeutenden Schriftsteller unserer Zeit. Poetisch fremd und realistisch zugleich ist Im Stein eine Geschichte (ost)deutscher Verhältnisse des Hier und Jetzt – und führt gleichzeitig, mythologische Erzählungen des kollektiven Bewusstseins verschränkend, virtuos zu grundlegenden Fragen der globalisierten Gegenwart. Von der realen Aufdeckung eines kinderpornografischen Rings in Leipzig Anfang der 90er Jahre ausgehend, findet der Roman eine intensive Sprache für das Intimste und im bürgerlichen Verständnis vermeintlich Unveräußerliche: Liebe, Erotik und (käufliche) Sexualität. Gezeichnet wird ein epochales Porträt einer urbanen Gesellschaft nach dem Scheitern der großen Utopien.

Musikalische Leitung: Michael Wendeberg
Inszenierung: Michael v. zur Mühlen

Video und Bildregie: Martin Mallon
Bühnen- und Kostümbild: Christoph Ernst
Kamera: Iwo Kurze
Programmierung: Lucia Kilger / Lukas Nowok
Klangregie: Martin Recker / Paul Hauptmeier
Libretto und Dramaturgie: Johannes Kirsten
Mitarbeit Dramaturgie: Friederike Brendler
Inspizienz: Berd Bunk
Beleuchtung: Victor Schenke

2.0 von 5 Sterne
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Camp und Trash in avantgardistischer Rotlicht-Revue
3 Jahre her.
Kritik
Clemens Meyers Roman "Im Stein" über das Leipziger Rotlicht-Milieu in den ersten zwei Jahrzehnten nach dem Mauerfall wurde bei seinem Erscheinen 2013 von der Kritik hochgelobt. Fast ein Jahrzehnt später gab die Oper der Nachbarstadt Halle eine avantgardistisches Musik-Theater-Stück in Auftrag, das digital Premiere hatte. Der Romanautor führt als Drag-Lady Ecki auch selbst durch den bunten Reigen an Prostituierten, Freiern und Zuhältern. Neben der Kritik am Prostitutionsschutzgesetz der rot-grünen Bundesregierung von 2002 kommt die Politik auch ins Spiel, wenn die Revue weiter zurückblendet: Honecker grüßt von der Wand, Helmut Kohl beschwört die blühenden Landschaften, von denen die Protagonisten dieses Stücks aber auch Jahrzehnte später wenig spüren. Mit viel Camp und Drag sowie Avantgarde-Kompositionen ist die Performance zwar streckenweise unterhaltsam, aber doch sehr zäh und dramaturgisch spannungsarm.
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Lilo Wanders erklärt die Ex- und Nach-Ex-DDR
3 Jahre her.
Kritik
''Der Autor war sich nicht zu schade seiner musikalisierten Belletristik höchstpersönlich leibliches Gewicht zuzuverleihen, die zwei Regisseure hatten da gewiss nicht allzu große Mühe ihm die Rolle einer durch die Handlung spaceshuttelnden Transe, die eine gewisse Ähnlichkeit mit Lilo Wanders (jener einstigen TV-Protagonistin aus der legendären Sex-Aufklärungsreihe Wahre Liebe) aufwies, aufzubürden - und dem Meyer schien das sichtlich einen Heidenspaß gemacht zu haben, wenn er beispielsweise von sich gab: "Nicht Netflix, aber Nett Fick" oder "bin nur ein kleines Rad im Getriebe der Triebe" oder so. Wie überhaupt die Meyer-Texte, und vor allem mehr als Sprech- statt Singeinlagen, dominierten - und am Ende tat womöglich auch nur ich die meiste Zeit der beiden live zu mir gestreamten Stunden Bahnhof (und ansonsten nicht viel mehr) verstehen. Und vom Musikalischen her? Uneinordbare Beliebigkeit, mehr Sound sowie Schlagzeugerei statt ernstnehmbarere Neue Musik. Kurios auch, dass ein eigentlich doch ziemlich reputanter Geldgeber wie die Ernst von Siemens Musikstiftung ein solches Opus zu bepreisen und/ oder zu finanzieren sich entschloss - nicht dass ich es der/ den Betroffenen nicht gönnte!'' schreibt Andre Sokolowski am 1. Juli 2021 auf KULTURA-EXTRA
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