Bewertung und Kritik zu
WOYZECK
nach Georg Büchner, Text von Marcin Cecko
Regie: Grzegorz Jaremko (PL)
Premiere am 19. Mai 2019 (TR Warszawa)
Online-Premiere: 14. Novemberber 2020
Staatsschauspiel Dresden
Zum Inhalt: Grzegorz Jaremko schließt aktuell sein Regie-Studium an der Theaterakademie im Krakau ab. Im polnischen System inszenieren die Studierenden bereits während der Ausbildung an den Theatern, während an den Hochschulen eher Studio-Arbeiten entstehen. Jaremko begann seine Karriere außerordentlich früh und inszenierte bereits mit Beginn des dritten Studienjahrs am Stadttheater. Im Rahmen der Debut-Reihe des
TR Warszawa brachte er 2019 eine kühne WOYZECK-Bearbeitung in Zusammenarbeit mit Autor und Dramaturg Marcin Cecko auf die Bühne, die die Vorlage durch einen ungewöhnlichen interpretatorischen Zugriff unter Strom setzt.
Büchners WOYZECK basiert auf der realen Geschichte eines jungen Mörders aus Leipzig, dessen Schicksal Büchner mit Empathie erzählt: für das Opfer einer gewalttätigen und seelenlosen Gesellschaft, in der jeder unter die Räder kommt, der nicht der Norm entspricht. Jaremko greift nach Büchners Stückfragment mit dem Blick auf die Frage nach männlicher Identität. Sein Protangoist ist Sänger einer Garagenband. Der dramatische Konflikt hat nichts mit Klassenkampf, sondern mit verschiedenen maskulinen Rollenmodellen zu tun. Machismus kollidiert mit Queerness und Woyzeck hat Angst vor der eigenen Initiation und der Manifestation seiner Männlichkeit. Das motiviert seine Flucht in die Fantasie, in der es erst möglich wird, das eigene Aussehen, den eigenen Körper auszutesten.