Zum Inhalt: Mit „Der Kirschgarten“ schrieb Anton Tschechow einen Klassiker über die Abholzung eines geliebten Stücks Natur aus finanziellen Gründen: Die Familie Ranewskaja ist hoch verschuldet, Rettung kann nur die Verpachtung des familieneigenen Gartengrundstücks bringen. Doch das bedeutet die Fällung ihrer Kirschbäume, die gerade in voller Blüte stehen.
Vor der Folie dieses Klassikers schreibt Autor Fritz Kater die Parabel des Verlusts an der Natur auf Brandenburg um: Mit der Gigafactory betreibt der E-Auto-Hersteller Tesla seit 2022 eine seiner modernsten Autofabriken im brandenburgischen Grünheide. Bau und Planung der Fabrik sowie die Marketingkampagnen des Milliardärs und Firmenbesitzers Elon Musk versprachen tausende Jobs und Wohlstand für die Region. Für 43 Mio. Euro verkaufte das Bundesland sein Waldstück im Wasserschutzgebiet an Tesla. Seit Inbetriebnahme des Werks streiten sich Zivilgesellschaft, Konzern, Belegschaft und Presse um Wasser- und Energieverbrauch, Steuern, Arbeitsplätze, Trinkwassergefährdung, Nachhaltigkeit und Ewigkeitslasten für das Land und seine Bewohner*innen. Wem gehört die Natur und wer kämpft auf welcher Seite mit welchen (demokratischen) Mitteln?
Regie: Armin Petras Bühne & Kostüm: Patricia Talacko Lichtdesign: Václav Hruška Video-Regie & Live-Kamera: Rafael Ossami Saidy Musik: Kelle Dramaturgie: Franziska Benack
Tschechows Kirschgarten- Komödie im heutigen Brandenburg
1 Monat her.
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Kritik
''Regisseur Petras lässt in der letzten Premiere seiner Amtszeit als Cottbuser Schauspiel-Kodirektor sein Ensemble an der langen Leine überdrehen. Tschechows Tragikomödie gerät dabei mit dem passenden Zeitgeistvokabular zunehmend zur Gegenwartsfarce. Während die einen übertrieben posen, ergeht sich der verhinderte Macher Lopachin in einem furiosen Percussion-Slapstick, bei dem er neben dem Schlagzeug auch noch die gesamte Kulisse bearbeitet. Seine unglückliche Dauerverlobte Charlotta lässt derweil, auf den Richtigen wartend, ihre Eier einfrieren. Student Peter wird in einer Videoprojektion (Rafael Ossami Saidy) auf den Vorhang im Hintergrund Kippenberger-reif mit Froschmaske ans Kreuz genagelt. Als Firs gibt Kai Börner noch einige DDR-Spruchweisheiten zum Besten. Mit viel Liebe fürs unkonventionelle Theater lässt der Autor und Regisseur seine Personen wie um ihr Leben spielen und trotzdem untätig dem nahenden Unglück entgegentaumeln. Das tritt dann vor der Pause auch als großer Knall mit Atompilz in der Videoprojektion ein.
Nach der Pause startet Anja mit dem Spaceship Enterprise und einem körperlich durchoptimierten Elon-Musk-Lookalike namens Leon Mask (Ferdinand Lehmann) in ferne Galaxien auf der Suche nach einem bewohnbaren Planeten, um dort einen neuen Kirschgarten zu pflanzen, während die Zurückgebliebenen in einem Bunker unter der Erde hausen müssen. Die Szenen wechseln vom All zur Erde und werden zumeist aus dem Bühnenhintergrund mit der Livekamera auf die verbliebenen Kulissen übertragen. Unter der Oberfläche kämpft man ums Überleben und sucht Wege an die Oberfläche zur Flucht in ein anderes Land oder will das alte neu bebauen. Das Raumschiff erreicht derweil einen Mond mit Eismeer, der sich für die Kolonisierung eignen könnte. Die Story ufert nun etwas aus und gerät zur etwas verwirrenden Dystopie- und Scifi-Parodie mit noch ungewissem Ende. Autor Kater wird das noch in zweit weiteren Teilen weiter ins Utopische vertiefen. Teil 2 - future 2 (lose yourself) - feiert bereits in der Regie von Christoph Mehler am 31. Mai in Saarbrücken Premiere.'' schreibt Stefan Bock am 27. Mai 2025 auf KULTURA-EXTRA