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Theater Bonn
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Glaube Liebe Hoffnung

Bewertung und Kritik zu

GLAUBE LIEBE HOFFNUNG
von Ödön von Horváth
Regie: Julia Hölscher 
Premiere: 8. November 2024 
Theater Bonn 

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Zum Inhalt: Elisabeth ist zuversichtlich. Zwar hat sie gerade keine Arbeit, keinen Gewerbeschein und auch noch eine Geldstrafe offen, aber worauf sie sich verlassen kann, ist sie selbst. Beziehungsweise auf ihren Körper. Den möchte sie nämlich verkaufen an das anatomische Institut. Für wissenschaftliche Experimente nach ihrem Ableben. Im Gegenzug erhofft sie sich, jetzt sofort 150 Mark zu bekommen. Das wäre genug Geld für ihren Gewerbeschein. Und mit dem könnte sie sich selbstständig machen und wieder arbeiten. Und hätte sie erst einmal Arbeit, stünde ihr die Welt wieder offen! Blöd nur, dass Elisabeth anscheinend vollkommen falsch informiert wurde. Das Institut hat keinerlei Interesse am Erwerb ihres Körpers. Die Zeiten sind schlecht. Der einsame Präparator will trotzdem helfen und leiht ihr das Geld. Das benutzt sie wiederum, um ihre Vorstrafe zu bezahlen. Für eine Verbrecherin hätte er natürlich niemals sein hart verdientes Geld hergegeben. Er zeigt sie wegen Betrugs an und Elisabeth bekommt eine Haftstrafe. Wieder in Freiheit, reiht sie sich vor dem Wohlfahrtsamt in die lange Schlange der Arbeitssuchenden ein. Ohne Erfolg. Zufällig begegnet sie dem Polizisten Alfons. Die beiden verlieben sich, Elisabeth verschweigt ihm aber, dass sie mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist. Als das rauskommt, lässt er sie sitzen, um seine Karriere nicht zu gefährden. Elisabeth ist wieder allein. Ohne Perspektive und zerrieben von den alltäglichen Gegebenheiten, hat sie den Glauben an eine bessere Gesellschaft verloren, die Liebe zu Alfons und die Hoffnung, dass sie doch noch einmal Glück haben wird.

Wie verzweifelt muss eine junge Frau sein, die ihren Leichnam zum Verkauf anbietet? Welche gesellschaftlichen Umstände treiben Menschen in derart ausweglose Situationen?  Diese Fragen stellte Ödön von Horváth ins Zentrum seines Theaterstücks aus dem Jahr 1932 und enthüllte damit nicht armselige Menschen, sondern Zustände, die armselig machen. Elisabeth bewegt sich Tag für Tag auf einem sehr schmalen Grad zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Der Mangel ist ihr stärkster Motor. Alles, was sie will, ist Arbeit und Unabhängigkeit. Alles, was sie bekommt, ist der ständige Kampf gegen die sozialen und moralischen Zwänge in einer patriarchalen, von Arbeitslosigkeit und Kälte gezeichneten Gesellschaft, in der alle Angst haben, abzusteigen und in der jeder um die eigene Existenz fürchtet.

Regie: Julia Hölscher
Musikalische Leitung: Simon Hastreiter
Bühne: Paul Zoller
Kostüme: Sabrina Bosshard
Komposition: Tobias Vethake
Dramaturgie: Nadja Groß

3.0 von 5 Sterne
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Sozialer Absturz ins Bodenlose
1 Monat her.
Kritik

'Elisabeth hat alte Schulden und benötigt einen Wandergewerbeschein, um als Vertreterin arbeiten zu können. Deswegen möchte die Arbeitslose schon zu Lebzeiten dem anatomischen Institut ihren Körper überschreiben. Dies lehnt die Oberpräparatorin (Lydia Stäubli) ab, doch ein anderer Präparator (Paul Michael Stiehler) leiht ihr das nötige Geld für den Schein. Auch Frau Prantl (Birte Schrein), der sie zuarbeitet, lieh ihr die Summe für den Schein. Beide finden heraus, dass Elisabeth das Geld für eine Schuldentilgung verwendete. Elisabeth wird Betrug und Täuschung vorgeworfen. Die Gläubiger zeigen sie an, und sie wird weggesperrt. Wieder entlassen lernt sie den Polizisten Schupo (Riccardo Ferreira) kennen, und beide beginnen eine Liaison. Als der Oberinspektor gegenüber Schupo Elisabeths Vergangenheit genüsslich ausbreitet, lässt Schupo Elisabeth fallen.

Regisseurin Julia Hölscher stattet ihre Figuren liebevoll mit Ticks und Spleens aus. So darf Paul Michael Stiehler als Präparator zu Anfang sich selbstvergessen drehen und tanzen. Lydia Stäubli als Oberpräparatorin kränkelt zunehmend erst am Finger, dann an der Hand, bald trägt sie eine Armschlinge und eine Art Verband. Riccardo Ferreira ist als Schupo in weißer Feinripp-Unterhose und mit Lack-Muskelshirt ein echter Hingucker, den neben Elisabeth auch andere Figuren lüstern in Augenschein nehmen. So liebäugelt Birte Schrein als Frau Prantl mit Schupo, die auch sonst mit grotesk aufgetürmten Haaren und unbeholfenem Auftreten sich reichlich in Szene setzt. Nicht minder kurios erscheint Bernd Braun als kontrollierender und wahrhaft widerlicher Oberinspektor. Er genießt sichtlich geifernd Schadenfreude, wenn unglückliche Umstände bei Elisabeth zum Greifen nah scheinen. Lena Geyer in der Rolle der Elisabeth erhält erst ganz am Ende den nötigen Raum, um auf das Geschehen aktiv Einfluss zu nehmen. Hier hat Regisseurin Hölscher in einem alternativen Ende der zentralen Elisabeth einen Verbündeten beiseite gestellt. Der wie Öl nun in ein dunkles, glänzendes Kostüm getauchte Wiedergänger Elisabeths scheint nach dem Freitod freundschaftlich vereint mit der offenherzigen Maria respektive Mario (Sören Wunderlich). Auch diese Figur schlägt sich mehr schlecht als recht durch, hat mitunter Probleme mit dem Gesetz und versucht sich zu arrangieren. Am Ende keimt so ein fader Hoffnungsschimmer der Solidarität auf, wenn beide händchenhaltend offenen Mutes in die Ferne blicken. Gerade in Zeiten der zunehmend voranschreitenden sozialen Spaltung, in der verurteilte Verbrecher auch aufgrund ihres Vermögens Präsident werden, ein sehenswertes Bühnenstück, das jedoch insgesamt etwas vorhersehbar anmutet.'' schreibt n. k. am 5. Dezember 2024 auf KULTURA-EXTRA

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