Bewertung und Kritik zu
PRINZESSINNENDRAMEN
von Elfriede Jelinek
Regie: Charlotte Sprenger
Online-Premiere: 16. April 2021
Theater Bonn
Zum Inhalt: In ihren drei Dramoletten beschreibt Elfriede Jelinek anhand bekannter Motive und Figuren aus der Märchenwelt die Unsichtbarkeit der Frauen, die scheinbar erst durch den Blick von Männern zu existieren beginnen. Mit bissiger Ironie benennt sie Vorurteile und Geschlechterzuschreibungen, führt einmal mehr vor Augen, wie sehr sie in von Männern geprägten Denksystemen verhaftet sind: Hinter den sieben Bergen sucht das vergiftete Schneewittchen nach Wahrheit jenseits ihrer Schönheit. Dornröschen erwacht ungeküsst und sieht sich mit einem Prinzen konfrontiert, der sich für ihren Erwecker und damit für gottgleich hält. Und Rosamunde, die sich in der Einöde ihrem Schreiben widmet, versagt die Stimme. Märchenhaft geht es bei Jelinek für keine der drei Prinzessinnen aus, denn alle erstarren im Tod. Doch sie wollen keinen rettenden Prinzen; sie wollen sie selbst sein und selbst denken. Dabei entdecken sie jedoch vor allem die Unvereinbarkeiten, die diese Geschichten von Macht und Geschlechtermentalität durchziehen. Durch die Besetzung mit drei männlichen Schauspielern entwickelt die junge Regisseurin Charlotte Sprenger daraus in der Online-Version ihrer Inszenierung ein komplexes und faszinierendes Spiel mit Identitäten. Vexierbilder von Schönheit und Wahrheit gehören hier scheinbar ebenso wenig zusammen wie Seele und Körper. Und die von Jelinek als Provokation gemeinte Frage, ob Frauen überhaupt denken, dichten, komponieren können, stellt sich auf einer neuen Ebene.
Mit Markus J. Bachmann, Christian Czeremnych, Sören Wunderlich
Inszenierung: Charlotte Sprenger
Musik: Julian Stetter
Bühne: Aleksandra Pavlovic
Kostüme: Claudia Irro
Video: Lars Figge
Licht: Ewa Górecki
Dramaturgie: Carmen Wolfram